Diskussionspapier

Diskussionspapier "Neuordnung der Finanzbeziehungen von Bund, Ländern und Kommunen"

Anforderungen und Prioritäten aus kommunaler Sicht
27. Februar 2015

Vorbemerkung:

Das vorliegende Diskussionspapier fasst den aktuellen Diskussionsstand der vom Vorstand der Bundes-SGK 2013 eingesetzten Arbeitsgruppe "Föderale Aufgaben- und Finanzbeziehungen" zum Jahreswechsel 2014/2015 zusammen. Berücksichtigung finden damit Überlegungen von Hamburgs Erstem Bürgermeister Olaf Scholz und Bundesfinanzminister Wolfang Schäuble, wonach insbe-sondere der Solidaritätszuschlag ab 2020 in die Gemeinschaftssteuern integriert und die kommunale Entlastung nicht mehr über die Eingliederungshilfe (lt. Koalitionsvertrag), sondern durch eine Übernahme der Kosten der Unterkunft (SGB II) durch den Bund realisiert werden könnte. Darüber hinaus werden aktuelle Beschlüsse der kommunalen Spitzenverbände und ihrer Bundesvereinigung einbezogen.

Die Arbeitsgruppe hat seit Oktober 2013 auf der Grundlage der geltenden Positionierungen der Bundes-SGK, insbesondere des Beschlusses "Kommunen stärken - Zukunft schaffen" der Bundes-delegiertenversammlung 2013 in Würzburg, Forderungen und Prioritäten aus kommunaler Sicht erarbeitet. Dabei wurde von vornherein darauf verzichtet, umfassende und technisch differenzierte Vorschläge für den Länderfinanzausgleich im engeren Sinne zu entwickeln. Vielmehr ging es darum, bestehende und neue Positionen als grundsätzliche Anforderungen an den Prozess einer Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen zu formulieren, ohne damit über gegebene Interessenunterschiede im kommunalen Bereich hinwegzugehen. Ziel war es, verbindende Positio-nen zu entwickeln, die über alle Regionen hinweg eine entsprechende Zustimmungsfähigkeit begründen.

Der Status eines Diskussionspapiers verweist dabei auf einen nach wie vor laufenden Prozess, der weitere Anpassungen in der Positionierung der Bundes-SGK erforderlich machen kann.

(1) Anforderungen an eine Neuordnung der Aufgaben- und Finanzbeziehungen
Das Auslaufen mehrerer Regelungen zu den föderalen Finanzbeziehungen 2019, die Europäisierung der Schuldenbremse und ihre volle Geltung ab 2020 machen eine Neuordnung der fiskalischen Bezüge zwischen den gebietskörperschaftlichen Ebenen notwendig. Dies schließt aufgrund des Zusammenhangs zwischen Einnahmen und Aufgaben die Kompetenzverteilung im Bundesstaat ein und darf mit Blick auf die gegebene Verflechtung keine Ebene außen vor lassen.

Aus Sicht der Städte, Gemeinden und Kreise erfordert das nicht nur ihre substanzielle Beteiligung am politischen Prozess zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen, sondern auch die gleichberechtigte Berücksichtigung ihrer Funktion und Bedarfslage. So kommt einer gestaltungsfähigen kommunalen Selbstverwaltung zentrale Bedeutung bei der Herstellung und Gewährleistung gleichwertiger Lebensverhältnisse zu. Sie muss flächen¬deckend gegeben sein, damit der Gesamt-staat auf die vielfältigen sozialen, ökonomischen und demographischen Herausforderungen adäquat reagieren kann. Schreitet indes die Spreizung zwischen armen und reichen Kommunen voran, sind davon nicht nur die strukturschwachen, sondern alle Städte, Gemeinden und Kreise betroffen. Denn mit der fortlaufenden Erosion handlungsfähiger Kommunen in einigen Teilen Deutschlands wird das Prinzip kommunaler Selbstverwaltung insgesamt gefährdet.

Gleichzeitig müssen strukturstarke Regionen ihre Prosperität als Basis des solidarischen Föderalis-mus erhalten können. Strukturschwache Kommunen dagegen sollen wieder in die Lage versetzt werden, ihre Situation selbstbestimmt zu verbessern und neue Entwicklungsimpulse zu setzen. Dabei weisen längst nicht nur finanzschwache Kommunen einen erheblichen Investitionsbedarf im Bereich der Verkehrs-, Bildungs-, sozialen und kulturellen Infrastruktur auf. Die öffentliche Investitionsschwäche ist generell und vor allem in den Städten, Gemeinden und Kreisen sichtbar. Die maßgebliche Ursache besteht in dem Wandel kommunaler Investitions- zu Sozialhaushalten, die zur Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben herangezogen werden. Es stellt ein über-geordnetes und vor allem auch volkswirtschaftliches Erfordernis dar, diesen Prozess zu stoppen und wieder vermehrt in Zukunftsaufgaben und die kommunale Daseinsvorsorge zu investieren. Dies über ausreichende Finanzierungsgrundlagen und die Entlastung kommunaler Sozialhaushalte abzusichern, ist eine gesamtstaatliche Aufgabe und trägt entscheidend dazu bei, die Investitionskraft in Deutschland deutlich zu steigern.

Zugleich verlangen die komplexen Bezüge im sozialen Bundesstaat und die wechselseitige Verstär-kung von Problemfaktoren (etwa Finanzschwäche und sozioökonomische Herausforderungen) gemeinsames Handeln. Bloße Entflechtung als zentraler Maßstab der beiden vorangegangenen Föderalismusreformen bietet dafür allein keine ausreichende Antwort. Es bedarf auch künftig gesamtstaatlicher Unterstützung und des Zusammenwirkens gebietskörperschaftlicher Ebenen, um spezifische Lasten abzumildern, neue Aufgaben zu bewältigen und Hilfestellung für Entwick-lungsimpulse zu leisten. Die Bundes-SGK tritt deshalb dafür ein, dass bei der Neuordnung der föderalen Finanzbeziehungen das Leitbild eines solidarischen und kooperativen Bundesstaats maßgeblich bleibt, dessen Fundament eine leistungs- und gestaltungsfähige kommunale Selbst-verwaltung bildet.

An diesen Prozess sind aus kommunaler Sicht fünf grundlegende Anforderungen zu richten:

  • Die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen muss sich an einer Verteilung der finanziellen Ressourcen im Bundesstaat orientieren, die die einzelnen Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Kreise und Gemeinden) in einer ihren Aufgaben angemessenen Weise ausstattet. Dies schließt Veränderungen auf der Einnahme- wie auf der Ausgabeseite ebenso wenig aus wie Veränderungen in den Finanzströmen zwischen den Ebenen. Dabei ist die Autonomie der einzelnen Gebietskörperschaften zu wahren.
     
  • Aufgrund wachsender Heterogenität und der fehlenden Möglichkeit vieler Kommunen, sich aus eigener Kraft zu konsolidieren, besteht unabhängig von der Himmelsrichtung erhöhter Unterstützungsbedarf zugunsten aller struktur- und finanzschwachen Kommunen (West/Ost, Städte/ländliche Räume).
     
  • Um die Funktionsfähigkeit des Gemeinwesens vor Ort erfahrbar zu verbessern, bedarf es der gezielten Stärkung der kommunalen Investitionskraft sowie der weiterhin möglichen Unter-stützung des Bundes bei Zukunftsaufgaben und Herausforderungen des Strukturwandels vor Ort und in der Region – auch als Bestandteil einer volkswirtschaftlich notwendigen Investitionsstrategie.
     
  • Es besteht für das föderale Gesamtsystem ein notwendiges Interesse darin, dass auch die Leistungskraft strukturstärkerer Kommunen und Regionen im Rahmen einer Neuordnung der Finanzbeziehungen abgesichert wird. Dies ist notwendiger Bestandteil einer Stärkung der kommunalen Ebene insgesamt.
     
  • Die Aufgabenerfüllung auf der Basis eigener Einnahmen stellt im Bundesstaat den sinnvollen Regelfall dar. Um aktuellen Herausforderungen wie zum Beispiel der demographischen Entwicklung und der verstärkten Zuwanderung, den Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt, dem wachsenden Pflegebedarf oder der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention gerecht zu werden, muss das Gemeinwesen vor allem aufgabenadäquat und effizient reagieren können und darf nicht primär institutionengemäß handeln müssen. Dies ist durch die Fähigkeit aller gebietskörperschaftlichen Ebenen zu gemeinsamem Handeln abzusichern.

(2) Kommunale Prioritäten für die aktuellen Verhandlungen
Anforderungen wie der Abbau von Heterogenität, die Stärkung der Investitions- und der Erhalt der Leistungskraft sowie mehr Kooperationsfähigkeit richten sich weniger und vor allem nicht allein auf den streitbefangenen horizontalen Finanzausgleich, sondern auf das Gesamtsystem der föderalen Aufgaben- und Finanzbeziehungen. Es ist daher folgerichtig, dass zunächst die vertikalen Bezüge im Bundesstaat in den Blick genommen werden. In dem Maße, wie hier Weichen gestellt werden, kann der eigentliche Länderfinanzausgleich entlastet und Konfliktpotenzial reduziert werden.

Zugleich sprechen die fortbestehenden Ausgleichserfordernisse im Bundesstaat zunächst nicht dafür, eine Neuordnung der Einnahmen- und Aufgabenverteilung ausschließlich entlang eigener Steuern oder Steueranteile vorzunehmen, da dies die gegebene Heterogenität zwischen Ländern und Kommunen weiter verstärken würde. Folglich sollte es eher zu einer pragmatischen Kombination unterschiedlicher Reform- und Handlungsansätze kommen, die ausreichende eigene Einnamen, einen solidarischen Ausgleich, strukturpolitische Instrumente sowie Zuschüsse an bedürftige Länder und Kommunen beinhalten.

Des Weiteren verdeutlichen der Finanzierungsbedarf im Bereich der staatlichen und kommunalen Infrastruktur und der Konsolidierungsdruck auf die von der Schuldenbremse betroffenen Länder und Kommunen die Notwendigkeit, gegebene staatliche Einnahmepotenziale aufrecht zu erhalten. Insofern kommt einer Anschlussregelung, die das Aufkommen aus dem Solidaritätszuschlag auch nach 2019 sichert, zentrale Bedeutung zu. Unbeschadet der im Koalitionsvertrag vereinbarten Entlastung der Städte, Gemeinden und Kreise muss damit eine nachhaltige Stabilisierung der Haushalte der Länder und Kommunen unter den Bedingungen der Schuldenbremse erreicht werden, ohne gegebene Disparitäten zu verstärken.

Vor diesem Hintergrund setzt sich die Bundes-SGK dafür ein, dass im Prozess zur Neuordnung der föderalen Aufgaben- und Finanzbeziehungen folgende Gesichtspunkte berücksichtigt werden:

  • Um die Ziele einer verminderten Heterogenität und einer stabilen Investitions- und Leistungskraft der Kommunen zu erreichen, ist eine Beteiligung des Bundes an weiteren Leistungsgesetzen i. S. einer gesamtstaatlichen Interessenquote, die mit der realen Kostenentwicklung Schritt hält, dringend erforderlich. Das gilt insbesondere für die im Koalitionsvertrag von Union und SPD vereinbarte Entlastung der Kommunen im Umfang von 5 Mrd. EUR pro Jahr. Zugleich können die Städte, Gemeinden und Kreise derzeit auf gegebene Einnahmen nicht verzichten. Vielmehr sind sie auf die Absicherung einer stabilen Einnahmebasis angewiesen. Damit ver-binden sich der unbedingte Erhalt und die das Aufkommen stärkende Weiterentwicklung der Gewerbesteuer sowie eine zügige, wertorientierte und ertragssichernde Reform der Grund-steuer. Dagegen lehnt die Bundes-SGK jede Regionalisierung von Steuergesetzgebungskompetenzen ab, da dies einer schädlichen Konkurrenz zwischen Kommunen und Regionen Vorschub leisten würde.
     
  • Darüber hinaus darf die Verschiebung von Einnahme- und Ausgabenpositionen zwischen Bund, Ländern und Kommunen bei der Neuordnung der Finanzbeziehungen nicht mit der kommunalen Entlastung lt. Koalitionsvertrag verrechnet werden. Sie steht für sich und muss aufgrund der aktuellen Finanznot vieler Kommunen zügig erfolgen, vor allem aber verlässlich bei den Städten, Gemeinden und Kreisen ankommen. Schon den zurückliegenden Schritten lagen die Steigerung der Sozialausgaben und die Belastung der Städte, Gemeinden und Kreise zugrunde. Nach der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II), der Grundsicherung im Alter (SGB XII) gilt das auch für die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen als den mittlerweile größten und dynamischsten Ausgabenblock in der Sozialhilfe.
     
  • Um schrittweise die geforderte gesamtstaatliche Interessenquote für die nachgelagerten Systeme der steuerfinanzierten Fürsorge zu etablieren, stehen mehrere Wege zur Verfügung. Die bislang im Koalitionsvertrag vorgesehene Entlastung über die Eingliederungshilfe begründet sich dabei vor allem mit der hohen Ausgabendynamik, die von Ländern und Kommunen nicht auf Dauer alleine getragen werden kann. Deshalb ist ohnehin eine Reform dieses Leistungssystems geboten, um berechtigte Ansprüche der Leistungsberechtigten und die Ziele von Teilhabe und Inklusion mit einer Effizienzsteigerung und Kostendämpfung zu verbinden. Dies gilt auch dann, wenn die Verkopplung mit der kommunalen Entlastung im Umfang von 5 Mrd. EUR p. a. zugunsten eines anderen Entlastungswegs aufgegeben wird. Sollte es indes bei einer Variante im Zusammenhang mit der Eingliederungshilfe bleiben, muss wiederum gewährleistet sein, dass die zugesagten 5 Mrd. EUR tatsächlich und in vollem Umfang die Kommunen erreichen und mit der Leistungsentwicklung Schritt halten.
     
  • Als eine Alternative zur Entlastung über die Eingliederungshilfe haben Hamburgs Erster Bürgermeister Scholz und Bundesfinanzminister Schäuble die Erhöhung und später vollständige Übernahme der Kosten der Unterkunft nach dem SGB II durch den Bund vorgeschlagen. Sicher gestellt wäre damit der direkte Mittelfluss an die Kreise und kreisfreien Städte sowie eine stärkere Entlastung strukturschwacher Kommunen. Allerdings müssen für diese Variante noch Randbedingungen definiert werden. Dies betrifft zum Beispiel die Frage, ob und wie die kommunale Beteiligung an der Aufgabendurchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende erhalten werden kann. Ebenso notwendig erscheint die Klärung, wie eine zunächst höhere Sozialkostenbeteiligung des Bundes zwischen den gebietskörperschaftlichen Ebenen verrechnet wird. Hingegen sieht die Bundes-SGK die Regionalisierung von sozialpolitischen Gesetzgebungskompetenzen kritisch. Hier stellt sich insbesondere die Frage, inwieweit ein solcher Schritt für die Sicherung eines dezentralen Vollzugs überhaupt notwendig ist und ob er sich auf nennenswerte prozedurale und organisatorische Fragen begrenzen ließe. Schließlich gilt weiterhin, dass bei einer Entlastung über KdU die geforderte Reform der Eingliederungshilfe trotzdem stattfinden müsste.
     
  • Um vermehrte Strukturunterschiede und das Abrutschen ganzer Städte und Regionen dauer-haft zu verhindern, müssen zusätzlich zur weiteren Sozialkostenentlastung ab 2015 auch Maßnahmen im Rahmen der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ergriffen werden. Da die Lage strukturschwacher Städte, Gemeinden und Kreise zumindest in den alten Bundesländern von hohen Schulden und kurzfristig finanzierten Kassenkrediten geprägt ist, sollten Bund und Länder die Kommunen in eine nationale Entschuldungsinitiative einbeziehen.
  • Auch wenn teilungsbedingte Lasten nach dem Auslaufen des Solidarpaktes II nicht mehr gesondert finanziert werden sollten, bleibt ein erhöhter Finanzbedarf in den neuen Ländern bestehen. Zugleich würden die ostdeutschen Kommunen aufgrund geringerer Verbindlichkeiten und einer ausgeprägten Einnahmeschwäche von einer Altschuldenregelung und/oder einer erhöhten Steuerbeteiligung weitaus weniger stark profitieren. Auch deshalb bedarf es besonderer Hilfen, die sich zwar nicht mehr pauschal an ganze Landesteile richten (neue vs. alte Länder, Nord vs. Süd usw.), aber an gesamtdeutsch geltenden Kriterien einer gegebenen Strukturschwäche orientieren. Hierfür kommen neben entsprechenden Bedarfs- und Sonderbedarfszuweisungen u. a. die Weiterentwicklung und ggf. Aufstockung der Gemeinschafts-aufgaben in Betracht. Indem die ostdeutschen Länder in ein solches System flankierender Maßnahmen einbezogen werden, vollzieht sich ein weiterer notwendiger Schritt ihrer fiska-lischen Integration, ohne berechtigte und an objektiven Strukturdaten ablesbare Bedarfsan-sprüche zu beschneiden.
     
  • Es ist volkswirtschaftlich und aus Sicht strukturschwacher wie strukturstärkerer Kommunen zwingend erforderlich, die kommunale Investitionskraft auch unmittelbar zu erhöhen. Dies betrifft neben der notwendigen Sanierung und den erforderlichen Erhaltungsinvestitionen im Hochbau (Schulen, öffentliche Gebäude usw.) insbesondere den Verkehrsbereich. Es bedarf daher einer zügigen Vereinbarung zwischen Bund, Ländern und Kommunen, um die Finanzierung der kommunalen Infrastruktur auch über 2019 hinaus abzusichern (Fortführung oder Anschlussregelung für GVFG-Bundes-Programm, Entflechtungsmittel nach dem GVFG). Einen weiteren Baustein zur Sanierung der Verkehrswege können ein zweckgebundener Fonds oder ein bedarfsorientiertes mehrjähriges Sonderprogramm bilden. Die damit bereit gestellten Ressourcen würden sich an alle Verkehrs- und Baulastträger unter Einschluss der Kommunen richten. Der Mittelfluss an Städte, Gemeinden und Kreise sollte wie beim Konjunkturpaket II möglichst unbürokratisch ausgestaltet und durch die jeweiligen Baulastträger flexibel hand-habbar sein. Ähnliche Ansätze bieten sich für den flächendeckenden Ausbau einer leistungs-fähigen Breitbandversorgung an. Schließlich besteht eine weitere Möglichkeit zur Stärkung auch der kommunalen Investitionskraft darin, das bewährte Institut der Gemeinschaftsauf-gaben fortzuentwickeln und besser auszustatten (Gemeinschaftsaufgaben „Agrarstruktur und Küstenschutz“ und „Verbesserung der Regionalen Wirtschaftsstruktur“). Hierfür kann bei einem Ausgangsvolumen von derzeit rund 1,2 Mrd. EUR p. a. bereits eine geringfügige Verstär-kung eine vergleichsweise große Wirkung entfalten. Dabei sollte die Weiterentwicklung der Gemeinschaftsaufgabe „Agrarstruktur und Küstenschutz“ insbesondere auch als ein Instru-ment für die Entwicklung ländlicher Räume genutzt werden. Unbeschadet einer grundsätz-lichen Kofinanzierungspflicht sollten struktur- und finanzschwachen Kommunen vereinfachte Konditionen einer Inanspruchnahme eingeräumt werden.
     
  • Um die Leistungskraft strukturstarker Regionen und Kommunen zu erhalten und einen fairen Interessenausgleich herzustellen, muss eine Neuordnung der Finanzbeziehungen ihre Potenziale berücksichtigen. Auch deshalb erweisen sich flankierende Investitionsprogramme als sinnvoll, da sie allen Kommunen und Landesteilen zugutekommen können. Darüber hinaus sind in Ergänzung zu einer Altschuldenregelung einnahmeseitige Maßnahmen denkbar. Eine unmittelbare Wirkung entfaltet hier die Absenkung der mit dem Solidarpakt II und dem Fonds Deutsche Einheit erhöhten Gewerbesteuerumlage. Je nach Finanzierungsmodus eines Alt-schuldenfonds bzw. von Schuldenhilfen und weiterer struktureller Maßnahmen könnte ein Teil des Aufkommens des Solidaritätszuschlages bei einer Integration in die Ertragssteuern den vereinnahmenden gebietskörperschaftlichen Ebenen zufließen. Auch hiervon würden ihrem Steueranteil entsprechend die Kommunen und unter ihnen vor allem die strukturstärkeren Städte und Gemeinden profitieren. Neue Hebesatzrechte auf einzelne Steuerbe¬stand-teile und eine Regionalisierung der Gesetzgebung zu Ertragssteuern sind dagegen weiterhin strikt abzulehnen.
     
  • Das Leitbild eines solidarischen und kooperativen Bundesstaates macht es erforderlich, dem Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse nicht nur durch fiskalische Ausgleichsmechanismen zu entsprechen, sondern auch das Zusammenwirken der gebietskörperschaftlichen Ebenen i. S. einer gemeinsamen Politik- und Ergebnisverantwortung zu verbessern. Deshalb unterstützt die Bundes-SGK das Ziel der SPD, das Kooperationsverbot in Schlüsselbereichen wie der Bildungspolitik zu lockern. Darüber hinaus ist aber ein nicht nur auf einzelne Politikfelder, sondern generell anwendbarer Kooperationsmechanismus erforderlich, wie ihn auch der Deutsche Städtetag verlangt. Unbeschadet des weiterhin notwendigen Ausschlusses einer Aufgabenübertragung muss im Bedarfsfall eine freiwillige gemeinsame Aufgabenerledigung möglich sein. Hierbei ist von vornherein eine aufgabenadäquate Finanzierung unter maßgeb-licher Beteiligung des Bundes sicherzustellen, um die Verschiebung künftiger Lasten zuungun-sten der Kommunen auszuschließen. Neue gesamtgesellschaftliche Aufgaben dürfen nur übernommen werden, wenn die Gesamtfinanzierung gesichert ist. Darüber hinaus sollte im Zuge der Bund-Länder-Gespräche auch noch einmal die Frage direkter Finanzbeziehungen zwi-schen Bund und Kommunen erörtert werden. Um einer permanenten kommunalen Finanz-ausgleichsdiskussion auf Bundesebene vorzubeugen und die gegebene Verantwor¬tungs-teilung im Bundesstaat nicht zu beschädigen, wären solche direkten Bezüge eng auszu¬legen. Sie müssten sich auf einen überörtlichen Anlass beziehen und sollten zeitlich und ggf. auch räumlich begrenzt bleiben. Ein Beispiel hierfür böte die Bewältigung von besonderen Lasten, die sich für alle oder einzelne Kommunen aus Zuwanderungsströmen ergeben. Schlie߬lich sollte es dem Bund ermöglicht werden, sich umfassender an Leistungsgesetzen und Sozial-lasten zu beteiligen. Anders als Art. 104 a Abs. 3 GG dies bislang vorsieht, schlösse das die Finanzierung nicht nur von Geld- sondern auch von Sachleistungen ein. Diese böte eine Mög-lichkeit, um eine umfassende Interessenquote aller gebietskörperschaftlichen Ebenen zu etablieren, mittels derer die Lasten alter Regelungen gerechter verteilt, die Anreize für eine folgenbewusste Gesetzgebungstätigkeit erhöht und die Ausdehnung der Auftragsverwaltung vermieden werden.