Die Kommunen leisten vielfältige Beiträge um Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, Pflegeleistungen und –strukturen mit zu organisieren und im Bedürftigkeitsfall im Rahmen der Hilfe zur Pflege und der Eingliederungshilfe nach SGB XII Sachleistungen zu erbringen und mit zu finanzieren. Seit der Einführung der Pflegeversicherung 1995, die mehr als eine Halbierung der Aufwendungen der Träger der Sozialhilfe mit sich brachte, sind die Aufwendungen für die Hilfe zur Pflege regelmäßig weiter gestiegen. Der Demografische Wandel und fehlende Vermögen zukünftig älter werdender Jahrgänge werden diesen Trend weiter verstärken.
Zugleich werden die Kommunen noch stärker als bisher mit eigenen Einrichtungen, in der Beratung, als Dienstleister und als Unterstützer tätig sein. Sie wirken präventiv, wenn sie in einer sozialraumbezogenen Planung die Rahmenbedingungen des Lebens in den Quartieren und Ortsteilen so mitgestalten, dass ein Leben zu Hause so lange wie möglich für die alternde Bevölkerung ermöglicht wird. Dort wo der Markt keine ausreichenden Angebote macht, werden die Kommunen eigene Einrichtungen und Dienste als kommunale Daseinsvorsorge anbieten müssen. Insofern ist eine sozialräumliche Pflegestrukturplanung mit eigenen Durchsetzungsmöglichkeiten erforderlich. Neben dem einschlägigen Landesrecht, wie z.B. dem nordrhein-westfälischen Alten- und Pflegegesetz mit seinem § 6 „Örtliche Planung“ gilt es, auch im Bundesrecht entsprechende Rahmenvorgaben zu schaffen.
Nach Verabschiedung des Pflegestärkungsgesetzes II durch den Deutschen Bundestag bleibt die Kritik vieler Verbände und Bundesländer bestehen, dass dieses Gesetzgebungsverfahren nicht dazu genutzt wurde, die Vereinbarungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Stärkung der Rolle der Kommunen in der Pflege mit aufzunehmen. Dieses betrifft aus sozialdemokratischer Sicht nicht nur die sogenannten „Modellkommunen Pflege“, sondern auch weitere Rechte der Kommunen im Hinblick auf die verpflichtende Bereitstellung von geeigneten vergleichbaren kleinräumigen Daten durch die Träger der Pflegeversicherung oder ein kommunales Initiativrecht für die Gründung von Pflegestützpunkten. Die Bundesregierung hat in diesem Zusammenhang auf ein weiteres zeitnahes Gesetzgebungsverfahren (PSG III) verwiesen.
Grundsätzlich ist das Pflegestärkungsgesetz II mit der Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes zu begrüßen. Die Miteinbeziehung dementieller Erkrankungen in den Leistungsbereich der Pflegeversicherung entspricht den Ansprüchen an soziale Gerechtigkeit. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff, der ab dem 1. Januar 2017 gelten soll, muss allerdings auch in das SGB XII aufgenommen werden, damit Schnittstellenprobleme zwischen den Leistungssystemen der Eingliederungshilfe, der Hilfe zur Pflege und der Pflegeversicherung vermieden werden. Insofern muss auch das Reformvorhaben der Eingliederungshilfe mit der Erarbeitung eines Bundesteilhabegesetzes so abgeschlossen werden, dass es ab dem 1. Januar 2017 in Kraft treten kann.
Folgende Forderungen sind aus Sicht der Bundes-SGK an diese Verfahren zu stellen:
1. Die Schnittstellen zwischen SGB XI und SGB XII sind zu klären.
2. Es müssen die finanziellen Auswirkungen von PSG II, BThG und PSG III geprüft und im Zusammenhang bewertet werden.
3. Mehraufwendungen kommunaler Sozialhilfeträger müssen ausgeglichen werden. Es ist auf strikte Konnexität zu achten.
4. Darüber hinaus sollte sich der Bund an den strukturell wachsenden Kosten der Hilfe zur Pflege beteiligen. Ein geeigneter Weg ist zu prüfen.
5. Die Leistungsbeschränkungen für pflegebedürftige Menschen, die in einer stationären Einrichtung der Behindertenhilfe leben, müssen aufgehoben werden. §43a SGBXI i.V.m. §13 Abs. 3 SGB XII muss aufgehoben werden.
6. Die Vorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Stärkung der Kommunen in der Pflege sind zügig umzusetzen. Dabei muss geprüft werden, inwieweit ein Initiativrecht der Kommunen zur Einrichtung von Pflegestützpunkten, die Stärkung kommunaler Planungsfähigkeit durch die verpflichtende Bereitstellung von kleinräumigen Daten durch die Versicherungsträger sowie eine Finanzierungsbeteiligung der Pflegekassen an den kommunalen Leistungen im Sinne einer umfassenden Prävention ermöglicht werden kann.
Beschluss des Vorstandes der Bundes-SGK
vom 27. November 2015