Vorbemerkung:
Das vorliegende Diskussionspapier stellt ein Zwischenergebnis der vom Vorstand Bundes-SGK 2013 eingesetzten Arbeitsgruppe "Föderale Aufgaben- und Finanzbeziehungen" zum Stand Mitte September 2014 dar. Keine Berücksichtigung konnten somit neuere Überlegungen finden, die aus einem Vorschlag des Bundesfinanzministers Wolfang Schäuble und Hamburgs Ersten Bürgermeisters Olaf Scholz hervorgehen, wonach insbesondere der Solidaritätszuschlag ab 2020 in die Gemeinschaftssteuern integriert und die kommunale Entlastung laut Koalitionsvertrag nicht mehr über die Eingliederungshilfe, sondern durch eine Übernahme der Kosten der Unterkunft (SGB II) realisiert werden könnte.
Die Arbeitsgruppe hat seit Oktober 2013 auf der Grundlage der geltenden Positionierungen der Bundes-SGK, insbesondere des Beschlusses "Kommunen stärken - Zukunft schaffen" der Bundesdelegiertenversammlung 2013 in Würzburg, Forderungen und Prioritäten aus kommunaler Sicht erarbeitet. Dabei wurde von vornherein darauf verzichtet, umfassende und technisch differenzierte Vorschläge für den Länderfinanzausgleich im engeren Sinne zu entwickeln. Vielmehr ging es darum, bestehende und neue Positionen als grundsätzliche Anforderungen an den Prozess einer Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen zu formulieren, ohne damit über gegebene Interessenunterschiede im kommunalen Bereich hinwegzugehen. Ziel war es, verbindende Positionen zu entwickeln, die über alle Regionen hinweg eine entsprechende Zustimmungsfähigkeit begründen.
Der Status eines Diskussionspapiers verweist darauf, dass der aktuell laufende Prozess auf Bundes- und Länderebene weiterhin Anpassungen und Ergänzungen in der Positionierung der Bundes-SGK erforderlich machen kann. Insbesondere aber wird mit dem Diskussionspapier dem o. g. Vorschlag von Wolfang Schäuble und Olaf Scholz keine Absage erteilt.
Vielmehr werden im Folgenden Fragen zu klären sein, die bei einer vollständigen Übernahme der Kosten der Unterkunft (SGB II) durch den Bund insbesondere deren Verteilungswirkungen, den Verlauf und Inhalt einer unverändert notwendigen Reform der Eingliederungshilfe oder die Auswirkungen auf das Organisationsrecht und die Finanzierungsregelungen des SGB II betreffen. Die Bundes-SGK wird sich mit diesen Punkten weiter intensiv befassen.
(1) Anforderungen an eine Neuordnung der Aufgaben- und Finanzbeziehungen
Das Auslaufen mehrerer Regelungen zu den föderalen Finanzbeziehungen 2019, die Europäisierung der Schuldenbremse und ihre volle Geltung ab 2020 machen eine Neuordnung der fiskalischen Bezüge zwischen den gebietskörperschaftlichen Ebenen notwendig. Dies schließt aufgrund des Zusammenhangs zwischen Einnahmen und Aufgaben die Kompetenzverteilung im Bundesstaat ein und darf mit Blick auf die gegebene Verflechtung keine Ebene außen vor lassen.
Aus Sicht der Städte, Gemeinden und Kreise erfordert das nicht nur ihre substanzielle Beteiligung am politischen Prozess zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen, sondern auch die gleichberechtigte Berücksichtigung ihrer Funktion und Bedarfslage. So kommt einer gestaltungsfähigen kommunalen Selbstverwaltung zentrale Bedeutung bei der Herstellung und Gewährleistung gleichwertiger Lebensverhältnisse zu. Sie muss flächendeckend gegeben sein, damit der Gesamtstaat auf die vielfältigen sozialen, ökonomischen und demographischen Herausforderungen adäquat reagieren kann. Schreitet indes die Spreizung zwischen armen und reichen Kommunen voran, sind davon nicht nur die strukturschwachen, sondern alle Städte, Gemeinden und Kreise betroffen. Denn mit der fortlaufenden Erosion handlungsfähiger Kommunen in einigen Teilen Deutschlands wird das Prinzip kommunaler Selbstverwaltung insgesamt gefährdet.
Umgekehrt darf eine Neuordnung der föderalen Finanz- und Aufgabenbeziehungen nicht zur Nivellierung kommunaler Gestaltungsspielräume führen. Strukturstarke Regionen müssen ihre Prosperität als Basis des solidarischen Föderalismus erhalten können. Strukturschwache Kommunen dagegen sollen wieder in die Lage versetzt werden, ihre Situation selbstbestimmt zu verbessern und neue Entwicklungsimpulse zu setzen. Dabei weisen längst nicht nur finanzschwache Kommunen einen erheblichen Investitionsbedarf im Bereich der Verkehrs-, Bildungs-, sozialen und kulturellen Infrastruktur auf. Die öffentliche Investitionsschwäche ist generell und vor allem in den Städten, Gemeinden und Kreisen sichtbar. Die maßgebliche Ursache besteht in dem Wandel kommunaler Investitions- zu Sozialhaushalten, die zur Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben herangezogen werden. Es stellt ein übergeordnetes und vor allem auch wirtschaftspolitisches Interesse dar, diesen Prozess zu stoppen und wieder vermehrt in Zukunftsaufgaben und die kommunale Daseinsvorsorge zu investieren. Dies über ausreichende Finanzierungsgrundlagen und die Entlastung kommunaler Sozialhaushalte abzusichern, ist eine gesamtstaatliche Aufgabe und trägt entscheidend dazu, die Investitionskraft in Deutschland wieder deutlich zu steigern.
Zugleich verlangen die komplexen Bezüge im sozialen Bundesstaat und die wechselseitige Verstärkung von Problemfaktoren (etwa Finanzschwäche und sozioökonomische Herausforderungen) gemeinsames Handeln. Bloße Entflechtung als der zentrale Maßstab der beiden vorangegangenen Föderalismusreformen bietet dafür allein keine ausreichende Antwort. Es bedarf auch künftig gesamtstaatlicher Unterstützung und des Zusammenwirkens gebietskörperschaftlicher Ebenen, um spezifische Lasten abzumildern, neue Aufgaben zu bewältigen und Hilfestellung für Entwicklungsimpulse zu leisten. Die Bundes-SGK tritt deshalb dafür ein, dass bei der Neuordnung der föderalen Finanzbeziehungen das Leitbild eines solidarischen und kooperativen Bundesstaats maßgeblich bleibt, dessen Fundament eine leistungs- und gestaltungsfähige kommunale Selbstverwaltung bildet.
An diesen Prozess sind aus kommunaler Sicht fünf grundlegende Anforderungen zu richten:
- Die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen muss sich an einer Verteilung der finanziellen Ressourcen im Bundesstaat orientieren, die die einzelnen Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Kreise und Gemeinden) in einer ihren Aufgaben angemessenen Weise ausstattet. Dies schließt Veränderungen auf der Einnahme- wie auf der Ausgabeseite ebenso wenig aus wie Veränderungen in den Finanzströmen zwischen den Ebenen. Dabei ist die Autonomie der einzelnen Gebietskörperschaften zu wahren.
- Aufgrund wachsender Heterogenität und der fehlenden Möglichkeit vieler Kommunen, sich aus eigener Kraft zu konsolidieren, besteht unabhängig von der Himmelsrichtung erhöhter Unterstützungsbedarf zugunsten aller struktur- und finanzschwachen Kommunen (West/Ost, Städte/ländliche Räume).
- Um die Funktionsfähigkeit des Gemeinwesens vor Ort erfahrbar zu verbessern, bedarf es der gezielten Stärkung der kommunalen Investitionskraft sowie der weiterhin möglichen Unterstützung des Bundes bei Zukunftsaufgaben und Herausforderungen des Strukturwandels vor Ort und in der Region – auch als Bestandteil einer volkswirtschaftlich notwendigen Investitionsstrategie.
- Es besteht für das föderale Gesamtsystem ein notwendiges Interesse darin, dass auch die Leistungskraft strukturstärkerer Kommunen und Regionen im Rahmen einer Neuordnung der Finanzbeziehungen abgesichert wird. Dies ist notwendiger Bestandteil einer Stärkung der kommunalen Ebene insgesamt.
- Die Aufgabenerfüllung auf der Basis eigener Einnahmen stellt im Bundesstaat den sinnvollen Regelfall dar. Um aktuellen Herausforderungen wie zum Beispiel der demographischen Entwicklung und verstärkten Zuwanderung, Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt, dem wachsenden Pflegebedarf oder der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention gerecht zu werden, muss das Gemeinwesen vor allem aufgabenadäquat und effizient reagieren können und darf nicht primär institutionengemäß handeln müssen. Dies ist durch die Fähigkeit aller gebietskörperschaftlichen Ebenen und zu gemeinsamem Handeln abzusichern.
(2) Kommunale Prioritäten für die aktuellen Verhandlungen
Anforderungen wie der Abbau von Heterogenität, die Stärkung der Investitions- und der Erhalt der Leistungskraft sowie mehr Kooperationsfähigkeit richten sich weniger und vor allem nicht allein auf den streitbefangenen horizontalen Finanzausgleich, sondern auf das Gesamtsystems der föderalen Aufgaben- und Finanzbeziehungen. Es ist daher folgerichtig, dass in einem ersten Schritt die vertikalen Bezüge im Bundesstaat in den Blick genommen werden. In dem Maße, wie hier Weichen gestellt werden, kann der eigentliche Länderfinanzausgleich entlastet und Konfliktpotenzial reduziert werden.
Zugleich sprechen die fortbestehenden Ausgleichserfordernisse im Bundesstaat nicht dafür, eine Neuordnung der Einnahmen- und Aufgabenverteilung ausschließlich entlang eigener Steuern oder Steueranteile vorzunehmen, da dies die gegebene Heterogenität zwischen Ländern und Kommunen weiter verstärken würde. Folglich sollte es zu einer pragmatischen Kombination unterschiedlicher Reform- und Handlungsansätze kommen, die ausreichende eigene Einnahmen, einen solidarischen Ausgleich, strukturpolitische Instrumente sowie Zuschüsse an bedürftige Länder und Kommunen beinhalten.
Des Weiteren verdeutlichen der Finanzierungsbedarf im Bereich der staatlichen und kommunalen Infrastruktur und der Konsolidierungsdruck auf die von der Schuldenbremse betroffenen Länder und Kommunen die Notwendigkeit, gegebene staatliche Einnahmepotenziale aufrecht zu erhalten. Insofern kommt einer das Aufkommen sichernden Anschlussregelung für den Solidaritätszuschlag nach seinem Auslaufen 2019 zentrale Bedeutung zu. Hiermit muss über die im Koalitionsvertrag vereinbarte Entlastung der Länder und Kommunen hinaus eine nachhaltige Stabilisierung ihrer Haushalte unter den Bedingungen der Schuldenbremse erreicht werden, ohne gegebene Disparitäten zu verstärken.
Vor diesem Hintergrund setzt sich die Bundes-SGK dafür ein, dass im laufenden Prozess zur Neuordnung der föderalen Aufgaben- und Finanzbeziehungen folgende Gesichtspunkte berücksichtigt werden:
- Um die Ziele einer verminderten Heterogenität und einer stabilen Investitions- und Leistungskraft der Kommunen zu erreichen, ist eine Beteiligung des Bundes an weiteren Leistungsgesetzen dringend erforderlich. Das gilt insbesondere für die im Koalitionsvertrag von Union und SPD vereinbarte Entlastung der Kommunen im Rahmen der Reform der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen im Umfang von 5 Mrd. EUR pro Jahr. Zugleich können die Städte, Gemeinden und Kreise derzeit auf gegebene Einnahmen nicht verzichten. Vielmehr sind sie auf die Absicherung einer stabilen Einnahmebasis angewiesen. Damit verbinden sich der unbedingte Erhalt und die das Aufkommen stärkende Weiterentwicklung der Gewerbesteuer sowie eine zügige, wertorientierte und ertragssichernde Reform der Grundsteuer. Dagegen lehnt die Bundes-SGK jede Regionalisierung von Steuergesetzgebungskompetenzen ab, da dies einer schädlichen Konkurrenz zwischen Kommunen und Regionen Vorschub leisten würde.
- Um vermehrte Strukturunterschiede und das Abrutschen ganzer Städte und Regionen dauerhaft zu verhindern, müssen zusätzlich zur weiteren Sozialkostenentlastung ab 2015 auch Maßnahmen im Rahmen der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ergriffen werden. Da die Lage strukturschwacher Städte, Gemeinden und Kreise zumindest in den alten Bundesländern von hohen Schulden und kurzfristig finanzierten Kassenkrediten geprägt ist, sollten Bund und Länder die Kommunen in eine nationale Entschuldungsinitiative einbeziehen. Die Bundes-SGK unterstützt deshalb eine vorwiegende Verwendung des ab 2019 in anderer Form zu erhebenden Solidaritätszuschlages für die Finanzierung eines Altschuldenfonds. Er muss die kommunalen Verbindlichkeiten vollständig einschließen. Je nach Umfang der ihm zufließenden Mittel sollte der Fonds zumindest einen wesentlichen Teil der anfallenden Zinszahlungen leisten und hierfür auch die verbesserten Konditionen einer gemeinsamen Schuldenaufnahme nutzen. Im Gegenzug wären eine langfristige Tilgung der Verbindlichkeiten durch Beiträge der Länder und Kommunen abzusichern. Damit würden die betroffenen Kommunen nicht nur unmittelbar entlastet, sondern erhielten zudem eine erhöhte Sicherheit im Hinblick auf die weitere Zinsentwicklung. Sofern es zu einer gemeinsamen Schuldenaufnahme von Bund und Ländern kommen sollte, wäre den Kommunen eine Beteiligungsmöglichkeit zu gewähren.
- Auch wenn teilungsbedingte Lasten nach dem Auslaufen des Solidarpaktes II nicht mehr gesondert finanziert werden sollten, bleibt ein erhöhter Finanzbedarf in den neuen Ländern bestehen. Zugleich würden die ostdeutschen Kommunen aufgrund geringerer Verbindlichkeiten und einer ausgeprägten Einnahmeschwäche von einer Altschuldenregelung und/oder einer erhöhten Steuerbeteiligung weitaus weniger stark profitieren. Auch deshalb bedarf es besonderer Hilfen, die sich zwar nicht mehr pauschal an ganze Landesteile richten (neue vs. alte Länder, Nord vs. Süd usw.), aber an gesamtdeutsch geltenden Kriterien einer gegebenen Strukturschwäche orientieren. Hierfür kommen neben entsprechenden Bedarfs- und Sonderbedarfszuweisungen auch die Weiterentwicklung und Aufstockung der Gemeinschaftsaufgaben in Betracht. Indem die ostdeutschen Länder in ein solches System flankierender Maßnahmen einbezogen werden, vollzieht sich ein weiterer notwendiger Schritt ihrer fiskalischen Integration, ohne berechtigte und an objektiven Strukturdaten ablesbare Bedarfsansprüche zu beschneiden.
- Es ist volkswirtschaftlich und aus Sicht strukturschwacher wie strukturstärkerer Kommunen zwingend erforderlich, die kommunale Investitionskraft auch unmittelbar zu erhöhen. Dies betrifft insbesondere den Verkehrsbereich. Es bedarf daher einer zügigen Vereinbarung zwischen Bund, Ländern und Kommunen, um die Finanzierung der kommunalen Infrastruktur auch über 2019 hinaus abzusichern (Fortführung oder Anschlussregelung für GVFG-Bundes-Programm, Entflechtungsmittel nach dem GVFG). Einen weiteren Baustein zur Sanierung der Verkehrswege können ein zweckgebundener Fonds oder ein bedarfsorientiertes mehrjähriges Sonderprogramm bilden. Die damit bereit gestellten Ressourcen würden sich an alle Verkehrs- und Baulastträger unter Einschluss der Kommunen richten. Der Mittelfluss an Städte, Gemeinden und Kreise sollte wie beim Konjunkturpaket II möglichst unbürokratisch ausgestaltet und durch die jeweiligen Baulastträger flexibel handhabbar sein. Ähnliche Ansätze bieten sich für den flächendeckenden Ausbau einer leistungsfähigen Breitbandversorgung an. Schließlich besteht eine weitere Möglichkeit zur Stärkung auch der kommunalen Investitionskraft darin, das bewährte Institut der Gemeinschaftsaufgaben fortzuentwickeln und besser auszustatten (Gemeinschaftsaufgaben „Agrarstruktur und Küstenschutz“ und „Verbesserung der Regionalen Wirtschaftsstruktur“). Hierfür kann bei einem Ausgangsvolumen von derzeit rund 1,2 Mrd. EUR p. a. bereits eine geringfügige Verstärkung eine vergleichsweise große Wirkung entfalten. Dabei sollte die Weiterentwicklung der Gemeinschaftsaufgabe „Agrarstruktur und Küstenschutz“ insbesondere auch als ein Instrument für die Entwicklung ländlicher Räume genutzt werden. Unbeschadet einer grundsätzlichen Kofinanzierungspflicht sollten struktur- und finanzschwachen Kommunen vereinfachte Konditionen einer Inanspruchnahme eingeräumt werden.
- Um die Leistungskraft strukturstarker Regionen und Kommunen zu erhalten und einen fairen Interessenausgleich herzustellen, muss eine Neuordnung der Finanzbeziehungen ihre Potenziale berücksichtigen. Auch deshalb erweisen sich flankierende Investitionsprogramme als sinnvoll, da sie allen Kommunen und Landesteilen zugutekommen können. Darüber hinaus sind in Ergänzung zu einer Altschuldenregelung einnahmeseitige Maßnahmen denkbar. Eine unmittelbare Wirkung entfaltet hier die Absenkung der mit dem Solidarpakt II und dem Fonds Deutsche Einheit erhöhten Gewerbesteuerumlage. Je nach Finanzierungsmodus des Altschuldenfonds und weiterer struktureller Maßnahmen könnte ein Teil des Aufkommens des Solidaritätszuschlages bei einer Integration in die Ertragssteuern den vereinnahmenden gebietskörperschaftlichen Ebenen zufließen. Auch hiervon würden ihrem Steueranteil entsprechend die Kommunen und unter ihnen vor allem die strukturstärkeren Städte und Gemeinden profitieren. Neue Hebesatzrechte auf einzelne Steuerbestandteile und eine Regionalisierung der Gesetzgebung zu Ertragssteuern sind dagegen weiterhin strikt abzulehnen.
- Das Leitbild eines solidarischen und kooperativen Bundesstaates macht es erforderlich, dem Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse nicht nur durch fiskalische Ausgleichsmechanismen zu entsprechen, sondern auch das Zusammenwirken der gebietskörperschaftlichen Ebenen i. S. einer gemeinsamen Politik- und Ergebnisverantwortung zu verbessern. Deshalb unterstützt die Bundes-SGK das Ziel der SPD, das Kooperationsverbot in Schlüsselbereichen wie der Bildungspolitik zu lockern. Darüber hinaus ist aber ein nicht nur auf einzelne Politikfelder, sondern generell anwendbarer Kooperationsmechanismus erforderlich, wie ihn auch der Deutsche Städtetag verlangt. Unbeschadet des weiterhin notwendigen Ausschlusses einer Aufgabenübertragung muss im Bedarfsfall eine freiwillige gemeinsame Aufgabenerledigung möglich sein. Hierbei ist von vornherein eine aufgabenadäquate Finanzierung unter maßgeblicher Beteiligung des Bundes sicherzustellen, um die Verschiebung künftiger Lasten zuungunsten der Kommunen auszuschließen. Neue gesamtgesellschaftliche Aufgaben dürfen nur übernommen werden, wenn die Gesamtfinanzierung gesichert ist. Darüber hinaus sollte im Zuge der Bund-Länder-Gespräche auch noch einmal die Frage direkter Finanzbeziehungen zwischen Bund und Kommunen erörtert werden. Um einer permanenten kommunalen Finanzausgleichsdiskussion auf Bundesebene vorzubeugen und die gegebene Verantwortungsteilung im Bundesstaat nicht zu beschädigen, wären solche direkten Bezüge eng auszulegen. Sie müssten sich auf einen überörtlichen Anlass beziehen und sollten zeitlich und ggf. auch räumlich begrenzt bleiben. Ein Beispiel hierfür böte die Bewältigung von besonderen Lasten, die sich für alle oder einzelne Kommunen aus Zuwanderungsströmen ergeben. Schließlich sollte es dem Bund ermöglicht werden, sich umfassender an Leistungsgesetzen und Soziallasten zu beteiligen. Anders als Art. 104 Abs. 3 GG dies bislang vorsieht, schlösse das die Finanzierung nicht nur von Geld- sondern auch von Sachleistungen ein. Eine solche Grundgesetzänderung böte die Möglichkeit, eine umfassendere Interessenquote aller gebietskörperschaftlichen Ebenen zu etablieren, um die Lasten alter Regelungen gerechter zu verteilen und die Anreize für eine folgenbewusste Gesetzgebungstätigkeit künftig zu erhöhen.