Die große Stärke der Europäischen Union liegt in ihrer Vielfalt. Gerade auf der kommunalen Ebene findet Vielfalt in besonderer Weise ihren Ausdruck. Kommunale Selbstverwaltung ermöglicht passfähige Lösungen, die gleichzeitig im Einklang mit regionaler Kultur und Identität stehen. Denn was für Lahti in Finnland gut ist, muss nicht in Catania in Sizilien funktionieren. Kommunale Selbstverwaltung ist ein hohes Gut und ein Quell von Innovation – auch auf europäischer Ebene ist dies anerkannt. Über 95.000 Kommunen bilden das feste Fundament unserer Europäischen Union und unserer Demokratie.
Dass Kommunalpolitik sich seit dem Vertrag von Maastricht von 1991 auch immer öfter mit europäischen Verordnungen und Richtlinien auseinandersetzen muss, weil mehr als zwei Drittel der Rechtsetzung der EU Auswirkungen auf kommunales Handeln hat, ist allgemein bekannt und in vielen Publikationen beschrieben. In dieser Ausgabe der DEMO wollen wir uns aber nicht mit diesem Phänomen beschäftigen, sondern vielmehr über den Tellerrand hinaus blicken auf die Entwicklungen in der Kommunalpolitik unserer Nachbarn: Vor welchen Herausforderungen steht Kommunalpolitik in anderen europäischen Ländern? Welche Themen bestimmen dort die Agenden? Welche Lösungswege werden dabei von unseren europäischen Freunden beschritten?
Über die vielfältigen Erfahrungen unserer europäischen Nachbarn können wir uns bei einer Kommunale Vielfalt stärkt Europa Reise durch Europa in dieser Ausgabe der DEMO Impulse informieren. Unsere Reise durch die Kommunalpolitik in Europa werden wir in Frankreich
mit einem Beitrag von Christophe Rouillon beginnen. Er wird die umfassende Territorial-reform in Frankreich vorstellen – einem Land, das 80 Prozent mehr Landfläche als die Bundesrepublik besitzt, aber 17,5 Prozent weniger Einwohnerinnen und Einwohner. Mit der relativ dünnen Besiedelung Frankreichs (103,4 Einwohner pro qm gegenüber 226,5 pro qm in Deutschland) geht auch eine mit über 36.000 hohe Zahl an Gemeinden (gegenüber rund 11.100 in Deutschland) einher. Danach werden Bernhard Müller und Petr Schlesinger die rechtliche Stellung der Kommunen in Österreich bzw. der tschechischen Republik beleuchten und die Herausforderungen für die kommunale Ebene in den beiden Ländern aufzeigen und dabei den Fokus besonders auf die Zersplitterung der Kommunen und deren finanzielle Ausstattung richten. Unsere Reise endet in Brüssel und Berlin mit einem Beitrag von Hella Dunger-Löper, die die Bundeshauptstadt im Ausschuss der Regionen (AdR) der Europäischen Union seit 2012 vertritt und dort als Berichterstatterin den Entstehungs-prozess der „Urban Agenda“ der Europäischen Union begleitet hat. Diese „Urban Agenda“ ist aus der Erkenntnis erwachsen, dass den Städten und den Städte-regionen eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung und Gestaltung zukunftsweisender und bürgernaher Politiken in Europa zukommt und sie daher stärker in Entscheidungsprozesse einbezogen werden müssen.
Und zukunftsweisende und bürgernahe Politiken sind dringend gefragt. Unsere Europäische Union ist derzeit in keinem guten Zustand. Nationalisten und Populisten blasen zum Angriff auf die Europäische Union, auf eine Errungenschaft, die seit 60 Jahren für Versöhnung, Frieden und Wohlstand steht. Ja, Vieles ist noch verbesserungswürdig und muss weiter entwickelt werden, aber die EU ist gut! Auf der Grundlage der gemeinsamen Werte der Menschenrechte, Demokratie und Toleranz bietet sie uns im Zeitalter der Globalisierung eine einmalige Möglichkeit, unsere Kräfte und Ideen zu bündeln, um im friedlichen Wettbewerb der Weltregionen bestehen zu können. „Lasst uns“, wie Helmut Schmidt in seiner starken Rede auf dem SPD-Bundesparteitag 2011 gefordert hat, „dafür arbeiten und kämpfen, dass die historisch einmalige Europäische Union aus ihrer gegenwärtigen Schwäche standfest und selbstbewusst hervorgeht!“ lasst uns das gemeinsam mit aller Entschlossenheit tun!