Die Aufgabe der Integration der Asylsuchenden und Flüchtlinge muss als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe begriffen werden!
Deshalb erwartet die Bundes-SGK vom Bund:
1. Der Bund wird aufgefordert, sich zu mindestens 50 % an den tatsächlichen Kosten der Aufnahme und Integration von Flüchtlingen und Asylbewerbenden zu beteiligen.
2. Über die Bundesbeteiligung an den Kosten der Erstaufnahme und Unterbringung der Asylsuchenden und Flüchtlinge hinaus bedarf es einer finanziellen Unterstützung der Länder und Kommunen durch eine zusätzliche Pauschale des Bundes für die zusätzlichen Integrationskosten auf Basis der Zahl der anerkannten Asylbegehrenden.
3. Der Bund wir aufgefordert, die durch die Anerkennung von Asylbegehrenden entstehenden zusätzlichen Kosten bei den Kosten der Unterbringung (KdU) nach SGB II vollständig durch Erhöhung des Bundesanteils zu übernehmen.
4. Der Bund muss die Mittel des Bundesamtes für Migration und Flüchtlingsfragen für Integrations- und Sprachkurse an den tatsächlichen Bedarf anpassen.
5. Der Bund muss zur Unterstützung der Länder und Kommunen seinen Finanzierungsanteil am Kita-Ausbau sowohl im Sondervermögen „Kinderbetreuungsausbau“ als auch bei der Beteiligung an den laufenden Kosten noch einmal deutlich erhöhen.
6. Der Bund muss den Eingliederungstitel und Verwaltungstitel der Bundesagentur für Arbeit so aufstocken, dass ein Sozialer Arbeitsmarkt finanziert werden kann. Es müssen Arbeitsgelegenheiten für Asylsuchende ermöglicht werden. Das Bundesprogramm „Netzwerk Integration durch Qualifizierung (IQ) sollte dem Bedarf gemäß angepasst werden. Asylsuchenden muss der Zugang zu Berufsvorbereitungsmaßnahmen geschaffen werden.
7. Der Bund erhöht seine Mittel für die soziale Wohnraumförderung noch einmal deutlich. Die Programme „Soziale Stadt“ und „Stadtumbau“ werden noch einmal aufgestockt.
8. Der Bund schafft eine gesetzliche Grundlage für eine Wohnsitzauflage mit der die räumliche Steuerung der anerkannten Asylbegehrenden, die sich in Abhängigkeit von sozialen Transfer-leistungen befinden, besser vollzogen werden kann.
Deshalb erwartet die Bundes-SGK von den Ländern:
9. Die Länder müssen ihre Programme der sozialen Wohnraumförderung sowohl finanziell aufstocken, das Bundesgeld zweckentsprechend verwenden und die Förderstruktur anpassen.
10. Die Länder sind gefordert, Instrumente zur Unterstützung der Entwicklung von ländlichen Räumen aufzulegen, damit dort Integrationsperspektiven für dauerhaft Bleibende geschaffen werden können. Dazu könnten auch landeseigene Grundstücks- und Immobilienfonds nützlich sein.
11. Die Länder sind aufgefordert, die Schulen mit dem notwendigen Personal auszustatten; dazu gehören auch Schulsozialarbeit und ergänzendes unterstützendes Personal. Die Länder müssen den Kommunen notwendige Schulbaumittel zur Verfügung stellen.
Begründung:
Die wachsende Zahl der Asylsuchenden und Flüchtlinge in Deutschland hat Bund, Länder und die Kommunen im Jahr 2015 vor besondere Herausforderungen gestellt. Das Aufnahmesystem der Bundesrepublik war auf die hohe Personenzahl und die schnell im Jahresverlauf wachsende Zuwanderung von Asylsuchenden und Flüchtlingen nicht eingestellt. Nichtsdestotrotz sind mehr als eine Million Asylsuchende und Flüchtlinge in den letzten zwei Jahren nach Deutschland gekommen. Nach der Erstaufnahme stellt sich immer mehr die Frage, wie es uns gelingt, die Asylsuchenden und Flüchtlinge mit Bleibeperspektive in den Städten, Gemeinden und Kreisen zu integrieren.
Werfen wir einen Blick 15 Jahre zurück in den Bericht der nach ihrer Vorsitzenden benannten Süssmuth-Kommission mit dem Titel „Zuwanderung gestalten und Integration fördern“, den der damalige Innenminister Otto Schily in Auftrag gegeben hatte. Dort heißt es im Vorwort von Rita Süssmuth:
„Als Antwort auf den uns erteilten Auftrag legen wir ein Gesamtkonzept vor. Dabei beachten wir das europäische und internationale Recht. Die humanitären Verpflichtungen gegenüber Asylsuchenden und Flüchtlingen stehen gleichrangig neben den Interessen an Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte. Politisch Verfolgte und Flüchtlinge brauchen unseren Schutz. Deutschland ist faktisch ein Einwanderungsland.
Menschen sind gekommen und geblieben – andere sind in ihre Heimatländer zurückgekehrt oder weiter gewandert. Zuwanderung ist zu einem zentralen öffentlichen Thema geworden. Die Anerkennung der Realität ist an die Stelle von Tabus getreten. Sachlichkeit bestimmt zunehmend die öffentliche Auseinandersetzung.
Zuwanderung kann nicht gelingen ohne Integration der schon länger bei uns lebenden und der neu zu uns kommenden Menschen. Deshalb sehen wir das vorgeschlagene Zuwanderungs- und Integrationsgesetz als Einheit.“
Der Bericht von damals hat Maßstäbe gesetzt, die auch für die heutige Diskussion gültig sind. Wir brauchen eine Integrationspolitik, die sich mit der Realität des Einwanderungslands Deutschland auseinandersetzt und Antworten für die damit verbundenen Herausforderungen sucht und findet.
Die Zahlen der gestellten Asylanträge waren nach den frühen neunziger Jahren mit einer Spitze im Jahr 1992 von 438.191 kontinuierlich gesunken und fielen von 1995 mit insgesamt knapp 167.000 Anträgen auf nur noch rund 28.000 Anträge im Jahr 2008. Erst danach begannen sie wieder zu steigen und erreichten im Jahr 2013 bereits wieder eine Zahl über 100.000 und 2014 rund 200.000, um in 2015 weiter mit rund 475.000 Anträgen einen vorläufigen Höchststand zu erreichen. Im Registrierungssystem EASY (Erstverteilung der Asylbegehrenden) waren am Ende des Jahres 2015 sogar mehr als eine Million Asylbegehrende im Jahresverlauf erfasst worden, von denen viele noch darauf warten, dass eine förmliche Antragsstellung bei den Außenstellen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlingsfragen erfolgen kann. Nach einer Zuwanderungswelle aus den Nicht-EU-Staaten des Westbalkans folgte in 2014 und 2015 ein wachsender Zustrom von Bürgerkriegs-flüchtlingen insbesondere aus Syrien. (Daten: Aktuelle Zahlen zu Asyl, Ausgabe Januar 2016, BAMF)
Zur Einordnung der Zuwanderung Asylbegehrender in das gesamte Wanderungsgeschehen: Das Einwanderungsland Deutschland wird durch ein vielfältiges Wanderungsgeschehen geprägt. Neben den Asylbegehrenden steht vor allem die Binnenmigration in der EU. Sie betrug in 2014 über 800.000 Zuwanderer von insgesamt rund 1,15 Millionen. Knapp 40.000 Ausländer aus Nicht-EU-Staaten kamen 2014 zum Zweck der Erwerbstätigkeit nach §18 bis 21 des Aufenthaltsgesetzes nach Deutschland (so die Besitzer einer blauen Karte, Forscher oder Selbstständige). Rund 93.000 Bildungsausländer, die sich erstmalig an einer deutschen Hochschule immatrikuliert haben, kamen 2014 nach Deutschland. 50.000 Menschen wurden als Familiennachzug in 2014 registriert. Daneben standen rund 200.000 Asylsuchende, die einen Antrag stellten.
Betrachten wir die Herkunftsländer der gesamten Zuwanderung nach Deutschland so zeigt sich für 2014 ein Höhepunkt der Zuwanderung aus den EU-Staaten Rumänien und Bulgarien mit über 110.000 Menschen im Saldo, es folgen Polen mit 59.000, Ungarn und Kroatien mit rund 43.000 Menschen, Italien mit 37.000 Menschen. Gegenüber der Türkei hat Deutschland rund 4.000 Menschen verloren. 62.000 Syrer wurden im Saldo registriert. (Daten: Migrationsbericht 2014 des Bundesamtes für Migration und Flüchtlingsfragen – veröffentlicht im Januar 2016).
Der Krieg in Syrien sowie die bürgerkriegsähnlichen Zustände im Irak und Afghanistan und mehreren afrikanischen Staaten zeigen ihre Auswirkungen in wachsenden Flüchtlingszahlen. Immer mehr haben sich auf den Weg nach Europa gemacht und der Weg von der Türkei über Griechenland und die sogenannte Balkanroute nach Österreich und Deutschland ist seit dem Sommer 2015 favorisiert.
In Deutschland hat sich die Sorge verbreitet, dass wir es nicht schaffen könnten, mit den vorhandenen Ressourcen die notwendigen Aufnahmekapazitäten bereitzustellen und als Auf-nahme¬gesellschaft die notwendige Aufnahmebereitschaft aufzubringen. Daneben stehen aber auch die Chancen, die mit einer zusätzlichen Zuwanderung verbunden sind. Deutschland braucht Zuwanderung. Wenn es gelingt, Asylsuchende und Flüchtlinge sinnvoll in unsere Gesellschaft zu integrieren, ist dieses ein Gewinn für uns alle.
1. Reduzierung der Flüchtlingszuwanderung
Um die Zuwanderung der Asylsuchenden und Flüchtlingen dauerhaft zu reduzieren, müssen die Fluchtursachen in den Herkunftsländern beseitigt werden, das heißt: Es müssen Bürgerkriege und Feindseligkeiten zwischen den verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppen und beteiligten regionalen und internationalen Mächten beendet werden. Dieses ist der dauer¬hafte Auftrag an die internationale Politik und die europäische und deutsche Außenpolitik. Auch die Stabilisierung der Situation der bereits in die Nachbarländer Syriens Geflüchteten muss ein Beitrag zur Reduzierung der Push-Faktoren der aktuellen Wanderungsbewegung sein.
Alternativ und parallel dazu stehen eine Verbreiterung der Aufnahmekapazitäten in der gesamten EU und eine Veränderung der Verteilung der aufzunehmenden Asylbegehrenden zwischen den Mitgliedsstaaten der EU sowie die Frage einer verbesserten Sicherung der Außengrenzen der EU. Dieses ist Gegenstand der europäischen Politik und der internationalen Politik auch im Verhältnis zu den angrenzenden Nicht-EU-Staaten, insbesondere der Türkei.
Umstritten ist in der deutschen Diskussion die Frage, ob eine Reduzierung der Zuwanderung von Asylbegehrenden schließlich nur durch eine bessere Kontrolle und Sicherung der deutschen Grenzen erfolgen könne. Dabei werden zurecht die Fragen gestellt, ob dieses überhaupt machbar ist und welche Folgen es für den freien Reise- und Güterverkehr in der EU und damit für die Wirtschaft hätte.
Aus Sicht der Bundes-SGK sollten zunächst die Möglichkeiten der europäischen und interna¬tionalen Politik genutzt werden. Das Grundrecht auf Asyl steht für uns nicht zur Disposition.
2. Erstregistrierung, Aufnahme und Verteilung der Asylbegehrenden verbessern
Bei der Registrierung der Asylsuchenden und Flüchtlinge gelang das Aufnahmesystem an seine Grenzen. Der Bundesinnenminister hat es lange versäumt, notwendige Schritte zur besseren Erfassung und Registrierung und zur Beschleunigung der Antragsverfahren zu veranlassen. Damit verbunden muss die politische Forderung an den Bund gesehen werden, die Zuwanderung von Asylbegehrenden zu reduzieren und zu verlangsamen.
Betrachten wir parallel zur Zahl der gestellten Asylanträge von rund 475.000 in 2015 die Zahl der mit dem EASY-System (Erstverteilung der Asylbegehrenden) erfassten Asylsuchenden in 2015, so erreichte diese am Ende des Jahres einen Höchststand von über einer Million. Wenn doppelt so viele Personen als Asylsuchende erfasst als Antragssteller gezählt wurden, zeigt dieses den Grad der Überforderung des Systems der Erstaufnahme und Registrierung. Insofern waren die bereits frühzeitig von kommunaler Seite erhobenen Forderungen, dieses System an die bevorstehenden Anforderungen anzupassen, mehr als berechtigt.
Noch zu Beginn des Jahres 2016 stellt dieser Bereich trotz Aufbau neuer Kapazitäten von Erstauf-nahmeeinrichtungen durch die Länder und die Ausweitung des Personals beim Bundesamt für Migration und Flüchtlingsfragen einen Engpass dar. Durch die Beschleunigung der Verfahrens-dauer, die Einführung eines verbesserten EDV-basierten Registrierungssystems und eines Flüchtlingsausweises müssen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, eine bessere Ordnung und Steuerung in den Prozess der Einwanderung von Flüchtlingen und Asylsuchenden zu bringen.
Es entspricht nach wie vor in keiner Weise der Wirklichkeit, dass Asylverfahren nach der Einreise und Registrierung und Antragstellung innerhalb von drei Monaten durchgeführt werden und eine Weiterleitung an die Kommunen zur Unterbringung erst dann vorgenommen wird, wenn ein Antrag positiv beschieden bzw. die Bleiberechtsperspektive geklärt ist.. In dem zweiten Halbjahr 2015 wurden zahlreiche Asylsuchende und Flüchtlinge bereits direkt in die Kommunen verteilt und diese für die Unterbringung und Versorgung in die Pflicht genommen, ohne dass der Bleiberechts-status geklärt war.
Vor diesem Hintergrund bleibt es eine zentrale Forderung der Kommunen an den Bund und die Länder an der Erreichung der gesetzten Ziele zu arbeiten und diese so schnell wie möglich umzusetzen.
3. Notwendigkeit eines Integrationskonzeptes
Durch Wachstum und Zuwanderung werden fast alle Bereiche der Gesellschaft und die in ihr wirkenden öffentlichen Infrastrukturen und Dienstleistungen gefordert. Das betrifft in besonderer Weise die Kommunen, in denen die Vielfalt der Menschen unterschiedlicher Herkunft aufeinander trifft und in denen die verschiedenen kulturellen und sozialen Milieus im täglichen Leben miteinander gelebt werden müssen.
Da steht auf der einen Seite das Ankommen. Zum Ankommen zählen der Erwerb der deutschen Sprache und das Erlernen kultureller Umgangsformen und Grundwerte der aufnehmenden Gesellschaft. Dann geht es um die Integration im Bildungssystem von der Kindertagesstätte, den Schulen bis zur beruflichen Bildung. Entscheidender Schritt für die Integration ist die Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Sie schafft die Voraussetzungen für die notwendige gesellschaftliche Teilhabe und Eigenständigkeit.
Andererseits geht es um die Herausforderungen, die sich am Wohnungsmarkt ergeben. Wo leben die Zugewanderten? Wieviel Neubau brauchen wir? Wie entwickeln sich die Stadtteile und Quartiere weiter, in denen eine Konzentration der Zuwanderung auf ohnehin schon prekäre Verhältnisse trifft? Wie lassen sich die Bildung neuer sozialer Brennpunkte und ethnisch-religiöse Konflikte vermeiden? Das sind Fragen an eine integrierte Stadtentwicklungspolitik in unseren Städten und Gemeinden.
Ein Integrationskonzept muss sich immer auch an die aufnehmende Gesellschaft richten. Integration gelingt nur, wenn alle ihre Bedürfnisse gleichermaßen befriedigen können und Chancengerechtigkeit bewahrt bleibt. Deshalb werden neben vielen Maßnahmen, die auf die besondere Situation der Flüchtlinge und Asylsuchenden gerichtet sind, vor allem unsere Regel-systeme der öffentlichen Infrastruktur und Dienstleistungen gestärkt werden müssen, um den sozialen Zusammenhalt zu sichern.
3.1 Deutsch Lernen und Deutschland Kennenlernen
Deutsch Lernen und Deutschland Kennenlernen sind Grundvoraussetzung für die Integration der Zuwandernden und eine Bindung an gemeinsame Grundwerte, wie sie im Grundgesetz festgelegt sind: Respekt, Toleranz, Gleichberechtigung und Religionsfreiheit. Vor diesem Hintergrund wird die Ankündigung der quantitativen und qualitativen Ausdehnung der Integrationskurse begrüßt, damit das Ziel, Asylbewerbern mit Bleibeperspektive möglichst frühzeitig den Erwerb der deutschen Sprache zu ermöglichen, erreicht werden kann.
Die kommunalen Volkshochschulen führen seit 10 Jahren im Auftrag des Bundes den bundesweit größten Anteil der Integrationskurse durch. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, bedarf es einer deutlichen Erhöhung der Zahl der Lehrkräfte. Deshalb muss der Bund die Finanzierung der Integrationskurse mit einer angemessenen Entlohnung der Lehrkräfte sicherstellen. Die Trägerpauschale des BAMF muss deshalb deutlich von den derzeitigen knapp 3 Euro pro Unterrichtseinheit und Teilnehmenden erhöht werden, um auch künftig weitere Lehrkräfte gewinnen zu können.
Die Pläne des BAMF, künftig die Integrationskurse stärker mit Maßnahmen der beruflichen Qualifizierung zu verknüpfen, das Rahmencurriculum mit Blick auf den Arbeitsmarkt anzupassen und Anschlussmöglichkeiten in die berufsbezogene Sprachförderung sicherzustellen, sind wichtige Schritte, um den Weg in den Arbeitsmarkt zu beschleunigen. Es empfiehlt sich, auch gezielte Sprachkurse für Frauen einzurichten und die notwendigen Rahmenbedingungen hierfür zu schaffen.
Die erhöhten Haushaltstitel des Bundes in 2016 für Integrationskurse (559 Millionen Euro) und die berufsbezogene Sprachförderung (292 Millionen Euro) weisen hier den richtigen Weg.
3.2 Bildung: Frühe Förderung in der Kita, Schulpflicht umsetzen
Es bedarf einer Ausdehnung und Verbesserung der Angebote der Bildungspolitik von der frühen Förderung in der Kinderbetreuung, bis zu den Schulen. Als Brückenangebote können Eltern-Kind-Gruppen dienen, die bereits in den Flüchtlingsunterkünften Familien an die Kitas heranführen und eine erste Sprachförderung beinhalten. Ziel ist es, dass die Flüchtlingskinder mit in das Regel-angebot aufgenommen werden. Nach dem breiten Ausbau der Kindertagesstätten in den letzten Jahren und mit der Einführung des Rechtsanspruchs auf eine Kinderbetreuung für die unter 3-Jährigen ab August 2013 muss dieser Prozess des Ausbaus und der Verbesserung der Kinder-betreuung in den Städten und Gemeinden weiter fortgesetzt werden.
Für eine zusätzliche „Integrationsoffensive Kitas“ bedarf es weiterer Kitaplätze und mehr Erzieherinnen und Erzieher. Die bislang vom Bund für die Investitionen in Kitas bereitgestellten Mittel aus dem Sondervermögen „Kinderbetreuungsausbau“ des Bundes müssen erneut aufgestockt werden. Zudem müssen die über Umsatzsteueranteile an die Länder geleiteten jährlichen Mittel von 845 Millionen zur Mitfinanzierung der laufenden Kosten der Kinderbetreuung neben der bereits für die Haushaltsjahre 2017 und 2018 verabredeten Erhöhung um je 100 Millionen jährlich zusätzlich aufgestockt werden. Deshalb sollten Mittel in Höhe von 200 Millionen zusätzlich bereits in 2016 zur Verfügung gestellt werden und in den Folgejahren auf entsprech¬endem Niveau gehalten werden. Die Länder sind in der Pflicht, diese Mittel auch in vollem Umfang an die Träger der Kinderbetreuung auszureichen. Zur Refinanzierung können u.a. die durch den Wegfall des Bundesbetreuungsgeldes im Bundeshaushalt frei gewordenen Mittel dienen.
Die Schulpflicht für alle Flüchtlingskinder muss deutschlandweit umgesetzt werden. In diesem Zusammenhang bedarf es einer Ausdehnung des Lehrpersonals an den Schulen und eines Ausbaus der Schulsozialarbeit. Für eine gelingende Integration der Schulkinder wäre ein weiterer Ausbau von Ganztagsschulangeboten sinnvoll. Diese Aufgabe obliegt den Ländern. Damit der Bund in diesem Bereich die Länder als Träger der inneren Schulangelegenheiten und
Kommunen als Träger der äußeren Schulangelegenheiten, insbesondere auch der baulichen Infrastruktur, direkt unterstützen könnte, müsste das im Grundgesetz verankerte „Kooperationsverbot“ im allgemeinen Bildungsbereich aufgehoben werden. Solange hierfür keine politischen Mehrheiten zustande kommen, muss der Bund den Ländern für diese Aufgabe ebenfalls weitere Umsatzsteueranteile überlassen, die auch an die Kommunen weitergegeben werden müssen.
3.3 Jugendhilfestrukturen überprüfen
Mit der wachsenden Zuwanderung von Asylsuchenden und Flüchtlingen sind auch viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Es wird begrüßt, dass der Bund eine gesetzliche Regelung geschaffen hat, die eine gleichmäßigere Verteilung der Kinder und Jugendlichen auf die Bundesländer erlaubt, um die Überlastungen bei den aufnehmenden
Jugendämtern zu reduzieren.
Viele Kommunen wollen weg vom Krisenmanagement hin zu einer systematischen Aufnahme und Integration von jungen Geflüchteten. Es gilt die Strukturen von Jugendämtern, Ausländerbehörden und Schulen miteinander zu vernetzen. Jugendämter müssen auf die Aufgabe der Inobhutnahme und des „Clearing“ von unbegleiteten minderjährigen Jugendlichen vorbereitet werden und flexible Lösungen der Unterbringung und Beschulung finden.
Für eine dauerhafte Integration bietet die Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in Pflegefamilien eine große Chance.
3.4 Integration in berufliche Ausbildung und den Arbeitsmarkt
Neben der Chance, die deutsche Sprache zu lernen, müssen Flüchtlinge ihren Qualifikationen entsprechende Einstiegsmöglichkeiten in den deutschen Arbeitsmarkt erhalten. Bereits mit der Flüchtlingsaufnahme und Registrierung sollte eine Erfassung der Qualifikationen und Ausbildung erfolgen, auf deren Grundlage Flüchtlinge mit Bleibeperspektive bereits frühzeitig beraten werden können. Mögliche Ansatzpunkte einer erweiterten aktiven Arbeitsmarktpolitik liegen in einer aufsuchenden Beratung in den Unterkünften durch z.B. Beschäftigungspiloten, eine auf Flüchtlinge ausgerichtete Beratungsinfrastruktur, in denen Jobcenter, Agenturen für Arbeit mit Ausländerbehörden und Jugendämtern zusammenarbeiten.
Dabei lassen sich unterschiedliche Formen der Integration in den Arbeitsmarkt unterscheiden:
3.4.1 Berufsorientierung, -vorbereitung, berufliche Ausbildung
Für viele, insbesondere junge Zuwanderer bietet es sich an, einen Einstieg in eine berufliche Ausbildung zu beginnen, um sich hiermit für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren und eine dauerhafte Beschäftigung zu erlangen. Für diese Gruppe ist es entscheidend, dass sie die Rechtssicherheit erhalten und für die Dauer ihrer Ausbildung ein Bleiberecht erhalten. Zudem gilt es, die Beschränkung einer Duldung auf unter 21-Jährige aufzuheben.
Angebote der Berufsorientierung und der Berufsvorbereitung, Maßnahmen zur Einstiegsquali-fizierung, spezielle Angebote der Berufsschulen und Berufspraktika können den Einstieg in die berufliche Ausbildung vorbereiten. Der Zugang zu diesen Maßnahmen muss für Flüchtlinge mit Bleibeperspektive eröffnet werden.
Es gilt, die Möglichkeiten der dualen Ausbildung zu nutzen und gemeinsam mit den Kammern und der Wirtschaft vorhandene Plätze zu vermitteln und neue Angebote zu schaffen. Diese Maßnahmen können auch durch überbetriebliche Ausbildungsmöglichkeiten ergänzt werden.
3.4.2 Qualifikationsanerkennung und direkte Vermittlung in den Arbeitsmarkt
Für diejenigen, die über universitäre oder berufliche Abschlüsse verfügen, ist die Qualifikationsanerkennung von besonderer Bedeutung. In diesem Bereich sind die Kammern und Länder gefordert Verfahrenskosten zu senken und zu schnelleren Anerkennungsverfahren zu gelangen. Im Hinblick auf die Unterschiede zu den Herkunftsländern sollten Anerkennungsverfahren vereinfacht und durch Arbeitsproben ergänzt werden können. So kann z.B. an die Stelle von formalen Abschlüssen ein Befähigungsnachweis treten.
Diese Gruppe sollte gezielt im Hinblick auf eine Arbeitsaufnahme so frühzeitig wie möglich beraten und begleitet werden. Agenturen für Arbeit und Jobcenter können hier eng mit dem Netzwerk „Integration durch Qualifizierung“ (IQ) zusammenarbeiten. Das "Netzwerk Integration durch Qualifizierung (IQ)" ist ein Förderprogramm der Bundesregierung zur Verbesserung der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in den Arbeitsmarkt. Es umfasst 341 Teilprojekte in ganz Deutschland und wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) und des Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziert. Dieses Programm sollte entsprechend dem wachsenden Bedarf erweitert werden.
3.4.3 Arbeitsgelegenheiten und Maßnahmen zur Qualifizierung für den Arbeitsmarkt
Für viele, bei denen eine kurzfristige Vermittlung in Ausbildung oder den ersten Arbeitsmarkt nicht möglich ist und es weiterer Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik bedarf, kann es sinnvoll sein, Beschäftigungsmöglichkeiten über „Arbeitsgelegenheiten“ (1,05-Euro-Jobs) nach AsylbLG zu schaffen, damit ein Kontakt mit der Arbeitswelt hergestellt werden kann und die Flüchtlinge nicht über längere Zeiträume zum „Nichtstun“ verpflichtet sind. Deshalb müssen wir entsprechende Angebote für Arbeitsgelegenheiten zusätzlich schaffen.
Diese Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik für Asylsuchende stehen neben den Erfordernissen einer weiteren Verstärkung der Regelsysteme des SGB III und SGB II nicht nur durch die wachsende Zahl der Bleibeberechtigten, die aus dem Regime des Asylbewerberleistungsrechts in die Regel-systeme der Grundsicherung für Arbeitssuchende und die Sozialhilfe gelangen. Insbesondere die Unterstützung von den Langzeitarbeitslosen zur Wiedereingliederung in Beschäftigung bedarf eines Ausbaus und der Schaffung eines öffentlichen Beschäftigungssektors.
Sowohl die zusätzlichen Anforderungen durch die Zuwanderung von Flüchtlingen als auch die notwendige Ausweitung der aktiven Arbeitsmarktpolitik erfordern eine Erhöhung der Bundeshaushaltsmittel für Eingliederung und Verwaltung in Milliardenhöhe.
3.5 Von der Erstunterbringung zum eigenständigen Wohnen
Beim Wohnen kann die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbenden mit Bleibe-perspektive in Not- und Gemeinschaftsunterkünften nur ein vorübergehender Zustand im Rahmen der Erstaufnahme sein. Grundsätzlich ist eine dezentrale Unterbringung in eigenen Wohnungen und deren Anmietung durch die Kommunen der bessere Weg. In Anbetracht der großen Zahl der den Kommunen zugewiesenen Flüchtlinge war es im vergangenen Jahr unabdingbar, Notlösungen zu organisieren, die Obdachlosigkeit verhinderten. Dazu zählte auch die Unterbringung in Zelten oder Traglufthallen und Containern, in Sporthallen oder öffentlichen Gebäuden, Freizeitein-richtungen oder Gewerbeimmobilien. Besonders leerstehende Kasernen konnten als Gemein-schafts¬unterkünfte mobilisiert werden. Der Bau von Flüchtlingsunterkünften wurde bau- und planungsrechtlich erheblich vereinfacht. Für neue Flüchtlingsunterkünfte bieten sich zunehmend alternative Lösungen zum Containerwohnen an. Kleinteiligere Modulbauweisen erlauben eine relativ schnelle und preiswerte Lösung.
Es stellt sich aber auch die Frage der Nachnutzung und der städtebaulichen Integration der temporären Unterkünfte. Es ist in den meisten Fällen zu bezweifeln, dass eine Umnutzung von temporären Flüchtlingsunterkünften zu dauerhaften Sozialwohnungen aus stadtentwicklungs-politischen Gründen sinnvoll sein kann. Es besteht die Gefahr, dass hier neue stigmatisierte Siedlungen oder Quartiere der Zukunft entstehen. Mit der zunehmenden Zahl der anerkannten Flüchtlinge und damit Bleibeberechtigten werden diese zu Nachfragenden am regulären Wohnungsmarkt.
Mittelfristig müssen die hier bleibenden Asylsuchenden und Flüchtlinge in eigenen Wohnungen leben können. Sie treten somit als weitere Nachfragegruppe vor allem in den Wohnungsteil¬märkten für preiswerten Wohnraum auf. Dieses Marktsegment ist in den meisten Regionen ohnehin, insbesondere in wachsenden Städten, stark unter Druck. Der Bedarf an zusätzlichen Wohnungen, vor allem im preiswerten und sozial gebundenen Segment, wird sich durch die Zuwanderung der Flüchtlinge weiter vergrößern.
Deshalb ist es zu begrüßen, wenn der Bund sein Engagement in der sozialen Wohnraumförderung noch weiter verstärkt und diese Mittel für die Länder für fünf Jahre um jeweils eine weitere Milliarde Euro aufstockt. Diese Mittel sollten zweckgebunden werden und eine Auflage an die Länder erfolgen, entsprechende Programme der sozialen Wohnraumförderung aufzulegen und mit eigenen Mitteln kozufinanzieren. Eine Zweckbindung der Wohnungsbaufördermittel des Bundes an Länderprogramme des sozialen Wohnungsbaus im engeren Sinne dient allerdings nur den Regionen, in dem die Knappheit von Wohnraum hoch ist.
In den anderen Regionen mit Abwanderung, Bevölkerungsrückgang und Wohnungsleerständen bedarf es anderer Maßnahmen, um die Immobilienmärkte nachhaltig zu stabilisieren und Rahmenbedingungen zur Ansiedlung von Flüchtlingsfamilien und anderen Zuwanderern aus Deutschland und Europa zu schaffen.
Die Bundes-SGK hat hierzu in ihrem wohnungspolitischen Grundsatzbeschluss vom Februar 2013 die Wiedereinführung von landeseigenen Grundstücksfonds vorgeschlagen, die brachgefallene Gebäude und Liegenschaften erwerben, nach Bedarf zurückbauen oder instandhalten und an alle Interessenten, die in der betreffenden Region verbleiben wollen, zu günstigen Konditionen reprivatisieren oder in Erbpacht vergeben.
Dort wo eine zusätzliche soziale Wohnraumförderung wegen relativ ausgeglichener Wohnungsmärkte mit hohen Leerstandsquoten nicht erforderlich ist, sollte eine zweckbezogene Verwendung der Mittel für solche stabilisierende Aufwertungsmaßnahmen und freiwillige Ansiedlungsmaßnahmen erfolgen können.
Die vorgesehene steuerliche Förderung des freifinanzierten Wohnungsbaus durch Einführung neuer Sonderabschreibungen für Wohnungsbau in Gebieten mit Wohnungsnot, ist ein zusätzlicher Anreiz für privates Kapital, sich im Wohnungsbau zu engagieren. Allerdings zeichnet sich der Wohnungsbau in der derzeitigen Phase weniger durch Finanzierungsprobleme aus, als dem Fehlen einer zügigen Bereitstellung von Bauland und den negativen Folgen kostentreibender Standards. Insofern sind hier Mitnahmeeffekte vorprogrammiert. Deshalb sollten Förderkulisse, Fördergegenstand mit Blick auf eine Ausrichtung der vorgesehenen steuerlichen Sonderabschreibungen eng begrenzt und auf preiswerte Neubauten beschränkt werden.
Um einen verstärkten sozialen Wohnungsbau in wachsenden Regionen zu realisieren, bedarf es einer aktiven Liegenschaftspolitik der Kommunen. Bei der Schaffung von Baurechten muss ein Anteil an sozialem Wohnungsbau durchgesetzt werden. Voraussetzung ist eine entsprechende Baulandpolitik. Insbesondere in den stark wachsenden Regionen mit geringen Flächenreserven bedarf es eines verstärkten regionalen Flächenmanagements zur Ausweitung des Angebotes.
Der Bund ist aufgefordert, seine Möglichkeiten zur Aktivierung von integrierten Konversionsflächen im Bereich ehemaliger militärischer Liegenschaften bei der Bundesanstalt für Immobilien-aufgaben (BImA) und seinen Einfluss gegenüber dem bundeseigenen Unternehmen Deutsche Bahn AG geltend zu machen, damit nicht betriebsnotwendige Flächen auch für Wohnungsbauzwecke zu günstigen Preisen verfügbar gemacht werden können. Gleiches gilt für die Länder und landeseigene Immobilien.
Das Teilprogramm der Städtebauförderung „Soziale Stadt“ ist in seiner Orientierung auf eine partizipative und den sozialen Zusammenhalt angelegte Quartiersentwicklung ein starkes kommunal flexibel nutzbares Instrument. Mit dem Programm können wichtige Funktionen in der Begleitung der Integration einer wachsenden Zahl von Zuwanderern erfüllt werden. Eine weitere Erhöhung dieser Programmmittel ist deshalb zu begrüßen.
3.6 Räumliche Steuerung und Wohnsitzauflagen
Eine Schaffung von „Wohnsitzauflagen“ sollte der räumlichen Steuerung der Wohnsitze der Flüchtlinge nach der Anerkennung dienen, damit einerseits Städte mit Wohnungsnöten und einer sehr hohen Zahl von Flüchtlingen von einer zusätzlichen Zuwanderung durch anerkannte Asyl-suchende entlastet werden können und andererseits ländliche Regionen besser eine dauer¬hafte Ansiedlung der ihnen zugewiesenen Flüchtlinge planen können.
Die Asylbegehrenden, deren Verfahren mit einem Bleiberecht beschieden wird, sollen demnach (für eine gewisse Frist) in der „Region“, in der sie sich zu diesem Zeitpunkt befinden, bleiben müssen. Es sei denn, sie haben anderenorts direkt die Möglichkeit einer Arbeitsaufnahme oder bedürfen keiner Unterstützung durch soziale Transferleistungen.
Das Ziel, anerkannte Asylsuchende dauerhaft für eine Ansiedlung in strukturschwachen und von Einwohnerverlusten gekennzeichnete Regionen zu gewinnen sollte auch über ein wohnungs- und arbeitsmarktpolitisches Instrumentarium als Anreizsystem für anerkannte Asylbegehrende und deren Familien begleitet werden, das von Städten, Gemeinden und Kreisen in strukturschwachen und von Abwanderung betroffenen Regionen genutzt werden kann.
Die einfache Gleichung, dass die Mehrheit der Asylsuchenden ohnehin ihren Wohnort nach positivem Abschluss ihrer Verfahren gemäß dem üblichen Muster der deutschen Binnen¬wanderung suchen wird, übersieht die Chancen, die mit einer neuen Ansiedlungspolitik durch Anreizwirkungen bestehen kann. Denn auch in den ländlichen Regionen mit Abwanderung führt der demografische Wandel zu einem Arbeitskräftebedarf, so dass dort zwar insgesamt weniger Arbeitsplätze sind, aber dennoch durch Fluktuation neue Beschäftigungsverhältnisse entstehen.
3.7 Gesellschaftliche Integration in Vereinen, Verbänden und Organisationen
Um in der örtlichen Gemeinschaft anzukommen und an dem gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, bietet das Vereinsleben unserer Zivilgesellschaft in Städten und Gemeinden zahlreiche Angebote und Möglichkeiten. Insbesondere der Sport ist ein Bereich, in dem sozialer Zusammenhalt und gesellschaftliche Integration nachhaltig gefördert werden.
Deshalb sind diejenigen zu unterstützen, die bereits den ankommenden Flüchtlingen aufzeigen, wo sie sich im Vereinssport betätigen können und welche Möglichkeiten es hierzu gibt.
3.8 Demokratische Partizipation in der Gesellschaft ermöglichen
Ein wichtiger Aspekt der Integration ist die Möglichkeit demokratische Prozesse in unserer Gesellschaft zu erlernen und an diesen teilzuhaben. Dafür ist es notwendig, schon früh Partizipation auf der kommunalen Ebene - in der Schule der Demokratie - zu ermöglichen. Hierzu sollte zum einen das kommunale Wahlrecht für Ausländerinnen und Ausländer geschaffen werden und zum anderen auch Geflüchteten, in Anbindung an kommunale Gremien wie den Integrationsräten, die Möglichkeit eingeräumt werden, sich eine politische Vertretung zu wählen, sich politisch zu artikulieren und sich politisch zu beteiligen.
3.9 Willkommenskultur und zivilgesellschaftliches Engagement
Eine wesentliche Säule der gesellschaftlichen Integration der Asylsuchenden besteht durch das breite und mannigfaltige ehrenamtliche Engagement in unserer Zivilgesellschaft. Ohne den Einsatz der Wohlfahrtsverbände und zivilgesellschaftlichen Organisationen genauso wie den Einsatz der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes vor Ort, wäre die bisher geleistete Aufnahmebereitschaft Deutschlands für die Flüchtlinge und Asylsuchenden nicht so groß ausgefallen.
Dieses Engagement bedarf der Anerkennung und Unterstützung. Maßnahmen, die dazu beitragen, das freiwillige Engagement zu fördern, wie die Ausweitung des Bundesfreiwilligen¬dienstes, die Förderung gemeinnütziger Organisationen oder der Aufbau von Patenschafts¬programmen werden begrüßt.
Vorhandene Strukturen der Koordinierung und Förderung der Vernetzung von Freiwilligenarbeit und bürgerschaftlichen Engagement müssen unterstützt werden. Ehrenamtliches Engagement darf nicht überfordert werden und kann funktionierende hauptamtliche Strukturen nicht ersetzen. Deswegen bedarf es einer entsprechenden Koordinierung vor Ort.
4. Instrumente und Finanzierungsfragen
Die Bundes-SGK begrüßt nach wie vor, dass der Bund sich ab 2016 an den Kosten der Erstaufnahme und Unterbringung der Flüchtlinge mit einem Pauschalbetrag pro Asylbewerbenden und für die Dauer der Antragsbearbeitung beteiligt. Damit sind die Länder in die Lage versetzt worden, den Kommunen, die entstehenden Kosten der Erstaufnahme vollständig zu erstatten.
Über die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Erstaufnahme hinaus, ist eine weitere pauschale Beteiligung an den zusätzlich entstehenden Integrationskosten auf Basis der Zahl der anerkannten Asylsuchenden unabdingbar notwendig.
Ein wesentlicher erster Schritt zur kurzfristigen Entlastung der Kommunen muss in der vollständigen Übernahme der durch die anerkannten Flüchtlinge entstehenden zusätzlichen Kosten der KdU im SGB II durch den Bund sein. Damit werden die betroffenen Kommunen direkt spürbar in ihrem Haushalt entlastet.
Um die durch die zunehmenden Integrationsaufgaben entstehenden Belastungen der Regelsysteme und die damit verbundenen Mehraufwendungen der Kommunen als Finanzierungsträger eines großen Teils der Aufgaben aufzufangen, muss die finanzielle
Ausstattung der Regelsysteme deutlich erhöht werden. Dieses muss als Gemeinschaftsinitiative von Bund, Ländern und Kommunen mit folgenden Elementen verstanden werden:
• Ausdehnung der Mittel für Integrationskurse und Erhöhung der Trägerpauschalen durch den Bund (BAMF) und zusätzliche Mittel für berufsbezogene Sprachkurse über ESF (BMAS)
• Erhöhung der Mittel des Bundes im Sondervermögen „Kinderbetreuungsausbau“ und bei den laufenden Kosten der Kinderbetreuung über zusätzliche Umsatzsteueranteile an die Länder. Die Länder müssen diese Mittel an die Kommunen weiterleiten!
• Die Länder müssen das Lehrpersonal an den Schulen aufstocken, die Kommunen bei der Bereitstellung von Schulsozialarbeit unterstützen und mehr Ganztagsangebote schaffen. Der Bund kann sich an dieser Aufgabe mit weiteren zusätzlichen Umsatzsteueranteilen für die Länder beteiligen.
• Der Bund muss den Eingliederungstitel und Verwaltungstitel der Bundesagentur für Arbeit für die Arbeitsmarktförderung erheblich erhöhen. Die Angebote der Berufsvorbereitung müssen ausgeweitet werden. Das Netzwerk „Integration durch Qualifizierung“ soll ausgeweitet werden.
• Der Bund erhöht seine Mittel für die soziale Wohnraumförderung noch einmal deutlich. Die Länder kofinanzieren diese Mittel und legen entsprechende Förderprogramme auf. Das Programm „Soziale Stadt“ der Städtebauförderung wird noch einmal aufgestockt.
• Die Länder schaffen ein Budget (Grundstücksfonds), aus dem unterstützende Mittel für freiwillige Ansiedlungsmaßnahmen in strukturschwachen ländlichen Räumen und damit verbundene städtebauliche Aufwertungsmaßnahmen genommen werden können.
• Der Bund bzw. die Länder vereinbaren mit den Krankenkassen die Einführung einer Gesundheitskarte für Flüchtlinge, deren Kosten durch den Bund bzw. die Länder getragen wird.