Kommunen leisten einen wichtigen Beitrag zur Entwicklungspolitik
Ein zentrales Anliegen der Sozialdemokratie ist die soziale und gerechte Gestaltung der Globalisierung, so dass alle Menschen auf der Welt von ihr profitieren. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind überzeugt, dass wir Frieden nachhaltig sichern können, indem wir soziale Gerechtigkeit schaffen und globale Armut bekämpfen. Die Lebensgrundlagen der Menschen in Entwicklungsländern und die ökologischen, ökonomischen und sozialen Ressourcen müssen für alle Menschen und für alle Generationen erhalten und verbessert werden. Daher haben wir stets die Entwicklungszusammenarbeit als wichtigen Pfeiler unserer Politik verstanden und vorangetrieben.
Viele deutsche Städte, Gemeinden und Kreise leisten – trotz schwieriger Finanzlage – einen wichtigen entwicklungspolitischen Beitrag zur Verbesserung der Lebensbedingungen sowie zur Schaffung und Stärkung demokratischer Strukturen in sogenannten Entwicklungsländern. Die Kommunen unterstützen und mobilisieren entwicklungspolitische Aktivitäten von Bürgerinnen und Bürgern in Vereinen, Schulen etc. und engagieren sich in Partnerschaften, Projekten und durch Patenschaften in Entwicklungsländern. Dabei gewinnen in der kommunalen Entwicklungs-zusammenarbeit neben förmlichen kommunalen Partnerschaften von deutschen Städten, Gemeinden und Kreisen zunehmend auch zeitlich begrenzte Projektpartnerschaften, denen klar definierte Zielvereinbarungen zugrunde liegen, an Bedeutung.
Die furchtbare Tsunami-Katastrophe im Dezember 2004 hat viele Menschen in Deutschland mobilisiert und die Bedeutung und die Potenziale der kommunalen Entwicklungszusammenarbeit deutlich gemacht. Dem Aufruf des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder zum Wiederaufbau durch Partnerschaften folgten Kommunen, Schulen, Vereine und Unternehmen. Der Idee, der Hilfe ein Gesicht zu geben und den Spendern zu ermöglichen, sich für ein konkretes Projekt einzusetzen, folgten 1377 Initiatoren mit Unterstützungsangeboten. Gut zwei Drittel der Angebote konnte die von der sozialdemokratisch geführten Bundesregierung gegründete Servicestelle-Partnerschaftsinitiative an Partner vor Ort vermitteln. Die praktische Solidarität mit den Menschen in den betroffenen Regionen hat beim Wiederaufbau eine wichtige Rolle gespielt und darüber hinaus die Sensibilität für Fragen der Entwicklungszusammenarbeit in unseren Kommunen geschärft.
Die Bedrohung durch den Klimawandel trifft alle Länder der Erde und gefährdet eine nachhaltige weltweite Entwicklung. Der Anstieg des Meeresspiegels, die Veränderungen der biologischen Systeme, Gesundheitsprobleme sowie hohe Kosten zur Bewältigung von Katastrophenschäden treffen insbesondere die Entwicklungsländer. Der globale Klimawandel ist nicht mehr allein als ökologische Krise anzusehen, er stellt auch ein umfassendes politisches, ökonomisches und gesellschaftliches Problem dar. Es werden künftig mehr Menschen vor Umweltka¬tastrophen als vor Kriegen fliehen. Die Kommunen sind sowohl Verursacher als auch Leidtragende des Klimawandels. Kommunen in Industrieländern haben sowohl die technischen und finanziellen Kapazitäten wie auch die moralische Verpflichtung sich um den Klimaschutz zu bemühen.
In den vergangenen Jahren hat die Zuwanderung aus Schwellenländern - insbesondere von Flüchtlingen aus kriegerischen Konflikten – stark zugenommen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Flüchtlingskrise gewinnt das Instrument der Entwicklungszusammenarbeit zusätzlich an Bedeutung. Alleine kann sie jedoch weder die ökonomischen, sozialen und ökologischen Fluchtur-sachen beseitigen noch kriegerische Konflikte beenden. Entwicklungszusammenarbeit kann aber einen Beitrag für eine Verbesserung der Lebensgrundlagen der Menschen in ihrer Heimat sowie zum Wiederaufbau und zur Schaffung und dem Erhalt von Stabilität leisten.
1. Potenziale der Kommunen für die Entwicklungszusammenarbeit nutzen
Der Bund und die Länder, die Europäische Union und die Vereinten Nationen haben die Potenziale der Kommunen für die Entwicklungszusammenarbeit erkannt und wollen sie künftig stärker zur Erreichung entwicklungspolitischer Ziele nutzen. Durch den 1992 von den Vereinten Nationen angestoßenen lokalen Agenda-21 Prozess, die Habitat Agenda von 1996 und insbesondere die Hilfe, die viele Städte und Gemeinden bei der Bewältigung der Tsunami-Katastrophe von 2004 geleistet haben, sind die Kommunen weltweit als bedeutende Akteure der Entwicklungspolitik anerkannt. Bereits im Hinblick auf die Millenniums-Entwicklungsziele wurden sie stärker von den Vereinten Nationen, der EU und den Staaten eingebunden. In der von den Vereinten Nationen am 27. September 2015 verabschiedeten 2030-Agenda (Fortentwicklung der Millenniumsagenda) und den darin enthaltenen 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den sogenannten „Sustainable Development Goals“ (SDGs), wird die zentrale Rolle kommunaler Akteure bei der Erreichung der Ziele der 2030-Agenda nochmals hervorgehoben.
Kommunen können in vielen Bereichen einen Beitrag zur Entwicklungspolitik leisten: beim Aufbau demokratischer Strukturen, beim Auf- und Ausbau einer effizienten modernen Selbstverwaltung, sowie beim Aufbau eigener Planungssysteme und -kompetenzen bis hin zu technischen Maßnahmen (z.B. Trinkwasseraufbereitung, Elektrizitätsversorgung, Abfallentsorgung, Maßnahmen zum Klimaschutz) sowie bei der Katastrophenhilfe. Dabei werden kommunale Experten vielfach in Partnerschaften mit der Deutschen Gesellschaft für internationale technische Zusammenarbeit (GIZ) und anderen Durchführungsorganisationen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) über nationale Maßnahmen und EU-Projekte eingebunden. Mit ihrem Fachwissen und ihrem praktischen Know-how kann die kommunale Ebene in Deutschland eine zentrale Leistung in der Entwicklungszusammenarbeit erbringen.
Für dieses Engagement benötigen die Kommunen die Unterstützung von EU, Bund und Ländern. Kommunale Entwicklungszusammenarbeit muss der Kommune nicht immer Geld kosten, wie die vielen erfolgreichen gemeinsamen Projekte von Kommunen und Zivilgesellschaft zeigen.
Vor dem Hintergrund der Notwendigkeit, einen Beitrag zur Gestaltung der Globalisierung zu leisten, appelliert die Bundes-SGK an die sozialdemokratischen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker, die Möglichkeiten der kommunalen Entwicklungszusammenarbeit zu nutzen und diese als eigenes Schwerpunktthema in ihren Kommunen zu verankern.
2. 2030-Agenda für eine nachhaltige Entwicklung lokal unterstützen
Im Lichte der Nord-Süd Politik Willy Brandts und der langen und erfolgreichen Tradition der sozial-demokratischen Entwicklungspolitik bekennen sich die sozialdemokratischen Kommunal¬politiker-innen und Kommunalpolitiker zu den Zielen der globalen Solidarität und der Nachhaltigkeit und unterstützen die 17 SDGs, die von der Generalversamm¬lung der UN im September 2015 in New
York einstimmig verabschiedet wurden.
Ziel 11 richtet sich explizit an Kommunen: „Städte und Siedlungen (communities) inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig machen“. Ein Blick auf die 17 Oberziele, die sich an alle Mitgliedsstaaten richten, zeigt, dass Kommunen bei allen Zielen für nachhaltige Entwicklung mittelbar oder unmittelbar betroffen bzw. sie ein bedeutender Akteur bei der Verwirklichung dieser Ziele sind.
„1. Armut in jeder Form und überall beenden.
2. Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern.
3. Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern.
4. Inklusive, gerechte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten des lebenslangen Lernens für alle fördern.
5. Geschlechtergerechtigkeit und Selbstbestimmung für alle Frauen und Mädchen erreichen
6. Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle gewährleisten.
7. Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und zeitgemäßer Energie für alle sichern.
8. Dauerhaftes, inklusives und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern.
9. Eine belastbare Infrastruktur aufbauen, inklusive und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen.
10. Ungleichheit innerhalb von und zwischen Staaten verringern.
11. Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig machen.
12. Für nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sorgen.
13. Umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen.
14. Ozeane, Meere und Meeresressourcen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung erhalten und nachhaltig nutzen.
15. Landökosysteme schützen, wiederherstellen und ihre nachhaltige Nutzung fördern, Wälder nachhaltig bewirtschaften, Wüstenbildung bekämpfen, Bodenverschlechterung stoppen und umkehren und den Biodiversitätsverlust stoppen.
16. Friedliche und inklusive Gesellschaften im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und effektive, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen.
17. Umsetzungsmittel stärken und die globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung wiederbeleben.“
Die Kommunen in Deutschland können im Rahmen ihrer Möglichkeiten an der Verwirklichung der Entwicklungsziele mitwirken, indem sie diese durch Maßnahmen auf lokaler Ebene unterstützen.
Die Bundes-SGK fordert alle sozialdemokratischen Kommunalpolitikerinnen und Kommunal-politiker auf, sich in ihrer Kommune für die Erreichung der Entwicklungsziele zu engagieren und darauf hinzuwirken, dass sich ihre Kommune offen dazu bekennt, die Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklungsziele im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu unterstützen. Der Rat der Gemeinden und Regionen Europas - Deutsche Sektion (RGRE - DS) und der Deutsche Städtetag haben hierfür die Musterresolution "2030-Agenda für Nachhaltige Entwicklung: Nachhaltigkeit auf kommunaler Ebene gestalten" erarbeitet (s. Anhang).
2.1 Bürger und Akteure der Zivilgesellschaft informieren, stärker einbinden und miteinander vernetzen
Grundlage für nachhaltige kommunale Entwicklungszusammenarbeit ist bürgerschaftliches Engagement und eine aktive Zivilgesellschaft. Oftmals ist die Umsetzung von Projekten nur durch den Einsatz zivilgesellschaftlicher Akteure möglich und geht auf die Initiative von Bürgerinnen und Bürgern zurück. Von diesem Engagement und dieser Kreativität lebt kommunale Entwicklungszusammenarbeit.
Die Bundes-SGK appelliert an die sozialdemokratischen Kommunalpolitikerinnen und -politiker in ihren Kommunen über die Agenda-2030 für nachhaltige Entwicklung stärker zu informieren und damit das Bewusstsein für die oftmals schwierige Situation in Entwicklungsländern zu wecken. Hierzu können beispielsweise kommunale Veranstaltungen, wie beispielsweise Ausstellungen und Diskussionsveranstaltungen, ebenso dienen wie Aktivitäten in Schulen oder die Aufnahme des Themas Entwicklungspolitik in die Programme von Veranstaltungen mit europäischen Partnerkommunen. In diese Informationsarbeit und Bewusstseinsbildung sollten die Akteure der Zivilgesellschaft (Nichtregierungsorganisationen, Schulen, Universitäten, örtliche Wirtschaft und örtliches Handwerk, sowie politische Parteien, Gewerkschaften und Kirchen vor Ort, etc.) eingebunden werden. Dadurch kann ihr großes Potenzial für die entwicklungspolitische Arbeit noch stärker aktiviert und eine möglichst breite und beständige Verankerung des Themas in der Bevölkerung erzielt werden. Dieses breite Bündnis der lokalen Akteure der Entwicklungszusammenarbeit und die Vernetzung und Konzentration der Aktivi¬täten ermöglicht zudem eine wirksamere Nutzung der vielerorts begrenzten Ressourcen für das entwicklungspolitische Engagement in der Kommune.
Darüber hinaus muss die Zivilgesellschaft in den Entwicklungsländern durch die Unterstützung der Kontakte und Kooperationsprojekte der entwicklungspolitisch engagierten Akteure in den deutschen Kommunen mit ihren Partnern gestärkt werden. Nur so kann auch der Aus- bzw. Aufbau von demokratischen und dezentralen Strukturen in diesen Ländern erfolgreich sein.
2.2 Kommunale Partnerschaften in der Entwicklungszusammenarbeit ausbauen
Der zielorientierte Ausbau kommunaler Partnerschaften auf Augenhöhe durch gegenseitigen Wissens- und Erfahrungsaustausch, fachlichen Wissenstransfers durch den Einsatz kommunaler Experten, die Planung und Durchführung konkreter gemeinsamer Vorhaben sowie die Verstärkung der Unterstützung partnerschaftlicher Verbindungen zwischen Organisationen in der eigenen Kommune und der Partnerkommune stellen zentrale Ansätze für eine Intensivierung kommunaler Entwicklungszusammenarbeit dar.
Den Kommunen bieten sich hier vielfältige Möglichkeiten der Zusammenarbeit von der Projektpartnerschaft bis hin zur Städtepartnerschaft. Erfolgreiche Partnerschaften können noch mehr Wirksamkeit entfalten, indem sie auf Dreieckspartnerschaften mit einer oder mehreren Kommunen aus EU-Ländern und einer Kommune aus einem Entwicklungsland erweitert werden. Dadurch können Ressourcen und Know-how konzentriert werden. Zusätzlicher Anreiz ist dabei, dass die EU für technische Projekte, an denen Kommunen aus zwei ihrer Mitgliedsländer teilnehmen, Förderprogramme bereitstellt. In Deutschland (BMZ) werden kommunale Partnerschaftsprojekte mit Kommunen in Entwicklungs- und Schwellenländern u.a. durch die Programme der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt "Nachhaltige Kommunalentwicklung durch Partnerschaftsprojekte (NAKOPA)" oder "kommunale Klimapartnerschaften" inhaltlich und finanziell unterstützt.
2.3 Mit fairem Beschaffungswesen einen Beitrag zu sozialer Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit leisten
Die Kommunen in Deutschland können bei einem jährlichen öffentlichen Auftragsvolumen von rund 300 Mrd. Euro mit einem fairen Beschaffungswesen einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung der 2030-Agenda für eine nachhaltige Entwicklung leisten. Sozial und ökologisch gerechte Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen in der Verwaltung, Schulen, Krankenhäusern, Kindergärten und für kommunale Veranstaltungen, ebenso wie der Einsatz energiesparender Fahrzeuge und Maßnahmen zur Energieeffizienz, wirken ganz im Sinne der nachhaltigen Entwicklungsziele, indem menschenwürdige Arbeitsbedingungen sowie ökologische Nachhaltigkeit gefördert werden.
Durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts von 2009 ist hier bereits mehr Rechts-sicherheit geschaffen worden. Öffentlichen Auftraggebern ist es seitdem möglich, neben umweltbezogenen auch soziale Aspekte als zusätzliche Bedingungen bei der Ausschreibung von Aufträgen einzufordern. Die neuen EU-Vergaberichtlinien von 2014 und ihre Umsetzung auf nationaler Ebene in Deutschland im Jahr 2015 haben die Anwendungsmöglichkeiten sozialer und ökologischer Kriterien bei der Ausschreibung und Vergabe erweitert.
Bei den sozialen Kriterien spielen die Einhaltung grundlegender sozialer Standards, insbesondere im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen bei der Produktion von Waren, sowie Fragen der Barrierefreiheit oder die Gleichstellung von Frauen eine Rolle. Ein Leitfaden der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt bietet Kommunen praktische Hinweise und rechtliche Informationen, wie soziale Standards bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen eingefordert werden können (s. Anhang).
Die Bundes-SGK appelliert an die sozialdemokratischen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker, in ihren Kommunen ein faires Beschaffungswesen einzuführen und den Gedanken von fairen Arbeitsbedingungen weltweit als internationale Solidarität aktiv ins Bewusstsein des Gemeinwesens zu tragen.
2.4 Interkulturelle Kompetenzbildung in Kommunen befördern – Mehrwert und Chancen der Entwicklungszusammenarbeit für unsere Kommunen nutzen
Ein Engagement in der kommunalen Entwicklungszusammenarbeit bietet deutschen Städten, Gemeinden und Kreisen einen konkreten Mehrwert und eine Reihe von Chancen. Aktivitäten im Rahmen von Partnerschaften und Projekten sowie direkte Kontakte zwischen Bürgerinnen und Bürgern der eigenen und einer Partnerkommune in einem Entwicklungsland fördern das Verständnis und die Kenntnisse anderer Kulturen. Sie tragen damit zu einer Atmosphäre der Toleranz und Weltoffenheit bei und leisten damit auch einen Beitrag zur Integration in den Kommunen. Eine Verbesserung der Kenntnisse anderer Kulturen stellt gleichzeitig auch ein effektives Instrument in der präventiven Bekämpfung von Fremden-feindlichkeit dar.
Interkulturelle Kompetenz ist eine grundlegende Voraussetzung für erfolgreiche Integration. Unsere Kommunen sind Heimat von Menschen, die aus unterschiedlichen Nationen zu uns gekommen sind. Viele dieser Migrantinnen und Migranten kommen aus Entwicklungs- oder Schwellenländern und setzen sich für eine Verbesserung der Lebensbedingungen in ihren Herkunftsländern ein. Neben diesem Engagement sind viele Migrantinnen und Migranten auch in ihren Kommunen aktiv und betätigen sich in zahlreichen Bereichen: in der Bildung, in Schulen, in Vereinen und Organisationen. In den meisten Fällen werden die Potenziale dieser Menschen vor Ort zu wenig genutzt. Migrantinnen und Migranten sollten aktiv einbezogen werden. Zum einen sollten ihre Qualifikationen, die sie in ihren Heimatländern erworben haben, auch anerkannt werden, z.B. durch schnelle Anerkennungs¬verfahren von Berufsabschlüssen, und zum anderen sollten Migrantinnen und Migranten, die Qualifizierung und konkrete Fördermöglichkeiten benötigen, sie gesichert erhalten, um ihnen eine aktive Teilnahme am Leben in der Kommune zu ermöglichen. In Kooperationen von Kommunen und Migrantinnen und Migranten und ihren Vereinen und Organisationen liegt zudem ein großes Potenzial für die kommunale Entwicklungs-zusammen¬arbeit. Im Bereich Migration und Entwicklung auf kommunaler Ebene untersucht die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt Möglichkeiten, wie Flucht als Thema und Flüchtlinge als Akteure in der kommunalen Entwicklungspolitik eingebunden werden können. Erste Einblicke in Handlungsmöglichkeiten bietet das Gutachten „Partizipation von Flüchtlingen in der kommunalen Entwicklungspolitik“ (s. Anhang).
Kommunen können ihr Ansehen international durch ihr entwicklungspolitisches Engagement und interkulturelle Kompetenz verbessern. Insbesondere für Großstädte im internationalen Städtewett-bewerb bieten sich hier große Chancen. Durch die Beteiligung an internationalen entwicklungs-politischen Kooperationsprojekten können sich lokalen Unternehmen Marktchancen eröffnen. Darüber hinaus können kommunale Beschäftigte, die in entwicklungspolitischen Projekten mitarbeiten – insbesondere auch durch Auslandseinsätze – neue Kompetenzen erwerben und diese zum Nutzen der Kommune einsetzen.
3. Rahmenbedingungen für Kommunale Entwicklungszusammenarbeit verbessern
Wir Sozialdemokraten verstehen Entwicklungspolitik als globale Strukturpolitik für eine gerechte Gestaltung der Globalisierung. Die SPD hat sich erfolgreich dafür eingesetzt, dass die Große Koalition an dem Ziel festhält, künftig 0,7 Prozent des Bruttonationalproduktes für die Entwicklungszusammen¬arbeit einzusetzen. Die Bundes-SGK unterstützt die Forderung der SPD-Bundes¬tagsfraktion nach einem verbindlichen Fahrplan, wie Deutschland das sogenannte ODA-Ziel von 0,7-Prozent erreicht. Mit der Schaffung von besseren Rahmenbedingungen durch die Länder, den Bund und die Europäische Union kann das kommunale Potenzial in der Entwicklungszusammenarbeit noch stärker ausgeweitet werden und größere Wirksamkeit entfalten.
Die Bundesregierung hat die Bedeutung kommunaler Entwicklungszusammenarbeit anerkannt und beabsichtigt die Kommunen noch stärker als Akteure der Entwicklungs¬zusammenarbeit einzubeziehen (Koalitionsvertrag von SPD, CDU/CSU von 2013, S.183). Da viele Kommunen ein Engagement aufgrund knapper finanzieller Ressourcen scheuen, müssen ausreichende finanzielle Fördermöglichkeiten durch den Bund und die Länder geschaffen werden, so wie dies auch vom Deutschen Bundestag von der Bundesregierung gefordert wurde. (Antrag der SPD und der CDU/CSU: „Entwicklungspolitische Chancen der Urbanisierung nutzen“ - Drucksache 18/4425). Bereits im Jahr 2008 hat die Europäische Kommission in einer Mitteilung die Bedeutung der Kommunen als Akteure einer effektiven Entwicklungszusammenarbeit nachdrücklich unterstrichen. Vor diesem Hintergrund wäre die Bereitstellung weiterer Programme und Mittel der EU wünschens¬wert, um die kommunale Entwicklungszusammen¬arbeit zu fördern.
Das Engagement von Bund, Land, EU und Kommunen muss durch einen koordinierten Austausch von Informationen und Erfahrungen stärker vernetzt und verzahnt werden – insbesondere wenn mehrere Akteure in einem Entwicklungsland engagiert sind. Dadurch kann die Effizienz von Maßnahmen erhöht werden.
Die von der sozialdemokratisch geführten Bundesregierung zusammen mit den Ländern und den kommunalen Spitzenverbänden 2001 ins Leben gerufene Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW, seit 2012 Teil der Engagement Global gGmbH), leistet hervorragende Arbeit bei der Unterstützung und Beratung von kommunalen Projekten in der Entwicklungszusammenarbeit. Um die zunehmende Nachfrage nach Beratungs-, Informations- und Qualifizierungsarbeit für die Kommunen abzudecken, sollte das Angebot der SKEW weiter ausgebaut und verbreitert werden. Die Bundes-SGK unterstützt die Forderung des Deutschen Bundestages an die Bundesregierung, wonach „die Zusammenarbeit deutscher Kommunen mit Kommunen in Entwicklungs- und Schwellenländern stärker gefördert und das Projekt ‚50 Kommunal Klimapartnerschaften‘ fortgeführt wird sowie durch die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt unter Einbeziehung der kommunalen Spitzenverbände weitere Konzepte für kommunale Entwicklungspartnerschaften entwickelt werden“ sollten (Antrag der SPD und der CDU/CSU: „Entwicklungspolitische Chancen der Urbanisierung nutzen“ - Drucksache 18/4425).
Anhang (Stand: Oktober 2016):
Informationen zur kommunalen Entwicklungsarbeit mit Beispielen und Links zu weiterführenden Hinweisen finden sich auf der Internetseite der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW).
„Handreichung zur Kommunalen Entwicklungspolitik. Ein Theorie- und Praxisleitfaden“, herausgegeben von der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt, 2013.
Eine Datenbank zu kommunalen Entwicklungsprojekten und weitere nützliche Informationen zur kommunalen Entwicklungszusammenarbeit.
„Leitfaden für die kommunale Entwicklungszusammenarbeit (KEZ)“, herausgegeben vom Deutschen Städtetag, 2011.
„Kommunale Entwicklungszusammenarbeit. Deutsche Städte und Gemeinden aktiv für die Eine Welt“, herausgegeben vom Deutschen Städte- und Gemeindebund, 2015 (DStGB Dokumentation Nr. 135).
„Kommune heute: Lokal handeln, global wirken“, Sonderheft der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt in Zusammenarbeit mit der DEMO (Beilage zur Ausgabe von DEMO Okt. 2015).
Internetseite der UN-Kampagne für die Sustainable Development Goals (SDGs).
„Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ (deutsche Fassung).
Die Musterresolution "2030-Agenda für Nachhaltige Entwicklung: Nachhaltigkeit auf kommunaler Ebene gestalten" der Deutschen Sektion des Rates der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE – DS) und des Deutschen Städtetags, 2015.
Praxisleitfaden „Fair Handeln in Kommunen“, herausgegeben von der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt 2015.
„Faires Beschaffungswesen in Kommunen und die Kernarbeitsnormen“ – Rechtswissenschaftliches Gutachten, 2013.
„Beispiele guter Praxis zu Migration und Entwicklung auf kommunaler Ebene“, herausgegeben von der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt, 2015.
Gutachten „Partizipation von Flüchtlingen in der kommunalen Entwicklungspolitik“, 2015.
„Global Nachhaltige Kommune“, herausgegeben von der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt 2016.