Positionspapier
Beschlüsse Vorstand

Positionspapier "Krankenhausstrukturreform - Anforderungen aus kommunaler Sicht"

29. September 2023

Krankenhäuser sind ein zentraler Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Die Corona-Pandemie hat dies noch einmal ganz besonders deutlich gemacht. Dies gilt ganz allgemein, wird aber vor Ort in den Landkreisen, Städten und Gemeinden konkret – und zwar nicht nur dann, wenn es um Krankenhäuser in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft geht. Krankenhäuser – gleich welcher Trägerschaft – bedeuten für die Menschen die Gewissheit, im Fall schwerer Erkrankungen in erreichbarer Entfernung gut versorgt zu werden.

Corona-Pandemie, Energiekrise, Inflation und steigende Belastungen durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine - die Kommunen mussten sich in den vergangenen Jahren zahlreichen großen Herausforderungen stellen. Aber auch wenn es derzeit ein regelrechtes Nebeneinander von Krisen gibt und scheinbar kein Ende in Sicht ist, ist es wichtig, Zukunftsthemen nicht aus dem Blick zu verlieren. Dazu gehört in jedem Fall die Frage, wie es gelingen kann, eine gute Gesundheitsversorgung für die Bürger:innen vor Ort zu gewährleisten.

Die Problemlage ist bereits seit einigen Jahren bekannt und sie spitzt sich immer weiter zu. Die Menschen leben länger und unsere Gesellschaft wird durchschnittlich immer älter. Gerade in den ländlichen Regionen steht man vor der Aufgabe, eine gute Gesundheitsversorgung für eine älter werdende Bevölkerung sicherzustellen. Die Gesundheitspolitik und die Akteure in der Selbstverwaltung des Gesundheitswesens sind daher gefordert, eine in erreichbarer Entfernung ambulante und stationäre medizinische Versorgung in allen Teilen des Landes zu gewährleisten und damit für gleichwertige Lebensverhältnisse zu sorgen.

Gleichzeitig verschärft sich vor allem abseits der Ballungsräume der Ärztemangel. Es wird immer schwieriger, Nachfolger für die noch vorhandenen Hausarztpraxen zu finden. Laut einer Studie der Robert-Bosch-Stiftung werden in den nächsten Jahren zahlreiche Ärzt:innen in den Ruhestand gehen und bis zum Jahr 2035 fehlen fast 11.000 Hausärzte.

Hinzu kommt ein immer mehr auf Gewinnorientierung ausgerichtetes Gesundheitssystem, welches gerade die kleinen Krankenhäuser in der Fläche vor immense Herausforderungen stellt. Der Mangel an medizinischem Fachpersonal und Pflegekräften verschärft die Lage noch weiter.  Wir müssen das Gesundheitssystem weiterentwickeln, wenn wir für alle Regionen eine gute Versorgung sicherstellen und gleichwertige Lebensverhältnisse erreichen wollen.

Die Bundes-SGK begrüßt daher das Vorhaben von Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach zur geplanten Krankenhausreform. In enger Abstimmung mit Expert:innen aus Wissenschaft und Praxis sowie Vertreter:innen der Länder wurde ein entsprechendes Eckpunktepapier vorgelegt, das als Grundlage für das Gesetzgebungsvorhaben dienen soll.

Vor diesem Hintergrund stellt die Bundes-SGK folgende Forderungen:

1. Die vollständige Umsetzung dieser Reform wird Jahre dauern. Mit Blick auf die aktuelle Lage, in denen sich die Krankenhäuser befinden, ist es daher erforderlich, dass noch in diesem Jahr eine wirksame Lösung gefunden wird, die die stark gestiegenen Personal- und Sachkosten zeitnah kompensieren kann.

2. Die in der Reform vorgesehenen Vorhaltepauschalen sind ausdrücklich zu begrüßen. Die Krankenhäuser können so Ihrem Versorgungsauftrag gegenüber den Patient:innen besser nachkommen. Jedoch darf das bisherige Finanzvolumen nicht nur von den Fall- zu den Vorhaltepauschalen verschoben werden. Es muss langfristig und dauerhaft mehr Geld ins Gesundheitssystem fließen.

3. Um die geplante Qualitätssteigerung für Patient:innen zu gewährleisten sollte eine konsequente Umsetzung der Reformansätze durch deutliche Begrenzung der Leistungserbringung der Krankenhäuser bezogen auf die Leistungsgruppen erfolgen.

4. Maximalversorger müssen in die Lage versetzt werden ihre Schwerpunkte bedienen zu können.

5. Eine neue Krankenhausstruktur muss den langfristigen Bestand der Kliniken zum Ziel haben. Nach der Krankenhausreform muss gewährleistet sein, dass die dann bestehenden Krankenhäuser in ihrer Struktur ertüchtigt werden. Bund und vor allem die Länder müssen sich dabei ihrer Verpflichtung zur auskömmlichen Finanzierung der Betriebs- und Investitionskosten bewusstwerden und entsprechend handeln.

6. Die im Rahmen der Krankenhausreform geplante „Entbürokratisierung“ ist ausdrücklich zu begrüßen und dringend erforderlich. Mit der Krankenhausreform sollen Qualitätskriterien (Anforderungen) an die Krankenhäuser festgelegt werden, die sie erfüllen müssen, um Leistungen zu erbringen. Damit wird die Qualität der medizinischen Versorgung gestärkt und auch aufwändige Überprüfungen sind perspektivisch verzichtbar. Denn während heute durch einen hohen Aufwand jede einzelne Leistung im Krankenhaus dokumentiert werden muss, soll zukünftig durch die Strukturprüfungen der Qualitätsvorgaben der Leistungsgruppen auf komplexe Einzeldokumentationen verzichtet werden.

7. Zur Gewinnung von Fachkräften und zur Vermeidung von Berufswechseln und -abbrüchen muss die Attraktivität der Arbeitsplätze im Gesundheitswesen gesteigert werden. Vor allem die Länder müssen die Ausbildungskapazitäten erhöhen um mehr Fachpersonal zu gewinnen.

8. Die Bundes SGK fordert neue Ansätze integrierter Versorgungsformen, wie lokale Gesundheitszentren und Gesundheitskioske, zügig umzusetzen und deren Finanzierung sicherzustellen. Einrichtungen, die patientenorientierte und sektorenübergreifende
Versorgungsansätze verfolgen, indem sie auf lokaler Ebene niedrigschwellige Angebote der medizinischen und pflegerischen Primärversorgung, Prävention und Gesundheitsförderung mit sozialer Betreuung vernetzen, können einen wichtigen Beitrag
zur Gesundheitsversorgung in ländlichen und sozial benachteiligten städtischen Regionen leisten.

Beschluss des Vorstandes der Bundes-SGK vom 29. September 2023

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