Positionspapier
Beschlüsse Vorstand

Positionspapier "Kommunen brauchen eine strukturelle Stärkung ihrer Finanzausstattung"

2. Juli 2024

Die Kommunen sind das Rückgrat unserer Gesellschaft und erfüllen eine Vielzahl von Aufgaben, die unmittelbar das Leben unserer Bürgerinnen und Bürger beeinflussen. In den Kommunen erleben die Menschen tagtäglich vor Ort und ganz unmittelbar, ob unser demokratisch organisierter Staat funktioniert oder nicht. Strukturelle Probleme und finanzielle wie personelle Engpässe werden in den Städten und Gemeinden für die Menschen plastisch und spürbar – sie führen auch zu einer gefährlichen Demokratieverdrossenheit. 

Den Kommunen obliegt zudem die praktische Umsetzung der herausfordernden Megathemen unserer Zeit: Die Energie-, Mobilitäts- und Wärmewende, die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung, die Unterbringung und Integration von geflüchteten Menschen, der weitere Ausbau der Kinderbetreuung und die Revitalisierung unserer Innenstädte, um nur einige von ihnen zu nennen.

Umso problematischer ist die aktuelle Lage der Kommunalfinanzen. Das Statistische Bundesamt hat Anfang April die Ergebnisse der Kassenstatistik der öffentlichen Finanzen für 2023 vorgelegt. Städte und Gemeinden wiesen in 2023 ein Finanzierungsdefizit von 6,8 Milliarden Euro auf. Im Vorjahr konnten sie zusammen gesehen noch ein Plus von ca. 2,6 Milliarden Euro erreichen. Neben den Ausgaben für Sozialleistungen stiegen vor allem auch die Personalausgaben auf ein Rekordniveau. Und die Entwicklung der Einnahmen ist bei unsicherer Konjunktur geringer als bisher erwartet. Die Ergebnisse der Frühjahrssteuerschätzung weisen gegenüber der Herbstschätzung einen Rückgang der gemeindlichen Einnahmen um 5,8 Milliarden Euro aus.

Dieser Einbruch trifft nicht alle gleichermaßen. Aber die Dramatik wird in den Haushaltsaufstellungen selbst der besser gestellten Kommunen deutlich. Das gesamtwirtschaftliche Risiko, dass den Kommunen das notwendige Geld für notwendige Investitionen fehlt, ist beträchtlich.

Hinzu kommt der anhaltende Investitionsstau: Straßen, Schulen, Kindergärten und andere öffentliche Einrichtungen sind oft in einem schlechten Zustand und benötigen dringend Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen. Das am 23. Mai 2024 veröffentlichte, vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) für die KfW erstellte Kommunalpanel 2024 weist trotz steigender Investitionen einen kommunalen Investitionsrückstand von nunmehr 186 Milliarden Euro auf.

Als Investitionshemmnisse werden neben fehlenden Finanzmitteln und nicht passgenauen Fördermittelangeboten insbesondere auch nicht-monetäre Hemmnisse gesehen: z.B. komplexe und zeitaufwändige Verfahren und Vorgaben, Liefer- und Kapazitätsengpässe in der Bauwirtschaft sowie der umfassende Personalmangel in den Bauverwaltungen der Städte, Gemeinden und Kreise.

Um den enormen Bedarfen und Herausforderungen gerecht werden zu können, braucht es deshalb eine fundamentale Verbesserung der Finanzierungsstrukturen zugunsten der Kommunen. Es braucht einen Befreiungsschlag, der langfristig trägt und nicht zum Gegenstand jährlich wiederkehrender und müßiger Verhandlungen wird.

Von daher begrüßen wir den Impuls der Koalitionsfraktionen, in einer Protokollnotiz zur 9. Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes Maßnahmen für eine faire, transparente und nachhaltige Finanzierung für die kommunale Ebene einzufordern:

„Die Koalitionsfraktionen unterstreichen die Notwendigkeit, die angespannte finanzielle Situation vieler deutscher Kommunen in den Blick zu nehmen und sich mit der strukturellen Verbesserung der Kommunalfinanzierung auseinanderzusetzen, um auch auf kommunaler Ebene Impulse für mehr Wachstum und Transformation zu ermöglichen. …“

Um die finanzielle Situation der Kommunen nachhaltig zu verbessern, fordern wir:

1. HÖHERE GRUNDFINANZIERUNG
Es braucht eine grundsätzliche und systematische Verbesserung der Kommunalfinanzen jenseits von Förderprogrammen. Deshalb fordern wir eine Anpassung der Gewerbesteuerumlage und/oder der Umsatzsteueranteile zugunsten der Städte und Gemeinden.

2. EINMALIGE ALTSCHULDENHILFE
Es gibt viele Kommunen mit hohen Altschulden, die sich nicht mehr aus eigener Kraft aus dieser Situation befreien können. Ihnen fehlt die Finanzkraft für dringend notwendige Investitionen. Für sie braucht es unter finanzieller Beteiligung der Länder endlich eine Altschuldenregelung.

3. KONSOLIDIERUNG VON FÖRDERPROGRAMMEN
Die derzeitigen Förderprogramme gehen vor Ort mit einem hohen bürokratischen Aufwand einher und zwingen Städte und Gemeinden häufig zu einer Veränderung in der ursprünglichen Priorisierung ihrer Investitionsprojekte. Es werden nicht die wichtigsten Projekte realisiert, sondern die, mit der besten Förderkulisse. Zielführender wären offenere statt spezifische Förderprogramme und eine maximale Entbürokratisierung der Verfahren.

4. KAPITAL FÜR KOMMUNALE UNTERNEHMEN ZUR TRANSFORMATIONSFINANZIERUNG
Auch viele kommunale Unternehmen stehen unter finanziellem Druck. In den nächsten Jahren müssen Milliarden in die Energie- und Wärmewende sowie den Ausbau des ÖPNV investiert werden. Schon heute reichen aber in vielen Städten die Gewinne der Energiesparte nicht mehr, um die Defizite der Verkehrsbetriebe auszugleichen. Es braucht deshalb dringend eine verlässliche Förderung der kommunalen Daseinsvorsorge. Stadtwerke benötigen vor allem Eigenkapital, um auch Fremdkapital und Fördermittel aufnehmen zu können. Eine zusätzliche Versorgung mit Eigenkapital kann bisher wirtschaftlich nur durch die kommunalen Gesellschafter erfolgen. Dies wird in Zukunft nicht mehr ausreichen. Deshalb wird es erforderlich sein, einen staatlich unterstützten „Energiewendefonds“ aufzubauen.

Beschluss des Vorstandes der Bundes-SGK
vom 28. Juni 2024