Positionspapier
Beschlüsse Vorstand

Positionspapier "Flüchtlingsunterbringung und Integration als gesamtstaatliche Aufgabe wahrnehmen"

27. Februar 2015

In ganz Deutschland, in den Städten, Gemeinden und Landkreisen, erleben wir derzeit eine beispiellose Hilfsbereitschaft und ein großes Engagement der Bevölkerung, um die Aufnahme von Flüchtlingen gut zu organisieren. Allerdings verbinden sich mit den weiter steigenden Flüchtlingszahlen auch finanzielle Belastungen, die die Länder und vor allem die Kommunen alleine nicht tragen können. Die Folgen internationaler Konflikte und von Notsituationen in anderen Ländern stellen eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung dar, die gemeinsam durch alle staatlichen Ebenen getragen werden muss. Deshalb erneuert die Bundes-SGK ihre Forderung, dass die Aufnahme der zu uns kommenden Menschen schneller erfolgen und sich der Bund substanziell und weitaus stäker als bislang an den unmittelbaren und dauerhaften Kosten von Zuwanderung und Integration beteiligen muss.

Neben der Verkürzung der Dauer von Asylverfahren (Registrierung, Antragsbearbeitung, Bescheidung) und einer besseren Personalausstattung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge betrifft das zunächst die Flüchtlingsunterbringung. Hinzukommen müssen spezifische Hilfen für besonders betroffene Kommunen, wie sie 2014 zugunsten jener Städte ergriffen wurden, die sich mit europäischer Armutszuwanderung konfrontiert sehen. Dringender Handlungsbedarf besteht auch bei der Betreuung und Verteilung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen.   

Allerdings darf die gesamtstaatliche Verantwortung nicht auf die erste Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen reduziert werden. Die aktuellen Zahlen belegen, dass ein großer Teil der Zuwandernden dauerhaft, zumindest aber längerfristig hier bleiben, leben und arbeiten will. Das heißt, wir brauchen einerseits einen Rechtsrahmen, der Zuwanderung besser fasst und steuern hilft, andererseits ein Leistungssystem, das den unterschiedlichen Bedürfnissen von Asylbewerberinnen und-bewerbern, Kontingentflüchtlingen, Schutzberechtigten, Geduldeten und unbegleiteten Minderjährigen gerecht wird und ihre Integration dauerhaft ermöglicht.

Konkret fordert die Bundes-SGK deshalb, dass der Bund für die Kosten der Flüchtlingsunterbringung aufkommen soll. Er kann dies zunächst im Hinblick auf die derzeit dringend erforderliche Personalaufstockung im BAMF und bei den notwendigen Investitionen in Flüchtlingsunterkünfte
tun, muss sich aber dauerhaft auch an den laufenden Ausgaben beteiligen, etwa indem er die Kosten der medizinischen Versorgung von Flüchtlingen übernimmt. Gleiches gilt für Ausgaben zum Lebensunterhalt, Kosten der Unterkunft und vor allem für die längerfristigen Integrationsmaßnahmen.

Wenn die zuwandernden Menschen dauerhaft in Deutschland bleiben, dann ist ihr Integrationsprozess nicht nach sechs Monaten abgeschlossen, sondern hat in Kindertagesstätten, Schulen, Jugendeinrichtungen, Familienberatungsstellen und am Arbeitsplatz erst begonnen. Wohnen, Bildung und Arbeit müssen deshalb nachhaltig unterstützt und als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begriffen werden. Aus diesem Grund hält die Bundes-SGK langfristig entweder eine quotale Beteiligung des Bundes an den Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder aber dessen Aufhebung und die Überführung von erwerbslosen Flüchtlingen und Migranten in die sozialen Regelsysteme des SGB II und SGB XII für erforderlich, die dann entsprechend ausgestattet sein müssen.

Je mehr die deutsche Gesellschaft und ihre staatlichen Institutionen zügig und gemeinsam für Flüchtlinge tun, desto eher werden diese dazu in der Lage sein, sich gut zu integrieren und selbst für ihr Auskommen zu sorgen. Deshalb hat die SPD in der großen Koalition durchgesetzt, die Arbeitsaufnahme von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern zu erleichtern. Durch eine weitere Unterstützung der Länder und Kommunen, lässt sich nicht nur die Unterbringung von Flüchtlingen verbessern, sondern werden die derzeit positive Aufnahme und Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung erhalten und gestärkt. Darüber hinaus unterstützt die Bundes-SGK nachdrücklich das Ziel der SPD, ein modernes und zusammenhängendes Zuwanderungsrecht zu entwickeln. Es muss auch für ökonomisch motivierte Zuwanderung legale Wege eröffnen, damit das Asylrecht entlastet und stärker für jene offen gehalten wird, die aufgrund politischer Verfolgung fliehen müssen. Bis eine solche Neuregelung erreicht ist, sollte Asylbewerberinnen und -bewerbern unter bestimmten Voraussetzungen einen Wechsel in einen anderen, stabilen Aufenthaltsstatus ermöglicht werden.

Beschluss des Vorstandes der Bundes-SGK
vom 27. Februar 2015