Positionspapier

Positionspapier "Corona-Pandemie und ihre Folgen für die kommunalen Finanzen"

14. Dezember 2020

Auch wenn die aktuellen Prognosen und Einschätzung zur Wirtschaftsentwicklung Hoffnung geben, dass insgesamt die konjunkturelle Delle und das Ausmaß der Arbeitslosigkeit infolge der Krise deutlich geringer ausfallen als noch vor einem halben Jahr, ändert dies nichts daran, dass wir in den kommenden zwei Jahren aller Voraussicht nach erhebliche Mindereinnahmen und deutliche Mehrausgaben auf kommunaler Ebene in Folge der Corona-Pandemie und ihrer Auswirkungen haben werden.

1. Kommunale Finanzen 2021 - Mindereinnahmen und Mehraufwendungen
Betrachtet man die Ergebnisse des Arbeitskreises Steuerschätzungen aus der letzten Novemberschätzung 2020, dann prognostiziert er für die Städte und Gemeinden im Jahr 2020 Steuereinnahmen in Höhe von 104,9 Milliarden Euro. Für das Jahr 2021 werden im Hinblick auf die angenommene konjunkturelle Erholung dann 112,7 Milliarden Euro geschätzt. Das sind im Jahr 2020 Einbußen in der Höhe von 12,8 Milliarden Euro gegenüber den Erwartungen vor der Corona-Pandemie. Für 2021 werden allein aus kommunalen Steuereinnahmen 9,2 Milliarden Euro weniger als ursprünglich prognostiziert eingenommen. Darüber hinaus sind pandemiebedingte Mehrausgaben zu erwarten. Dieses betrifft den Gesundheitssektor selbst, einem erhöhten Aufwand für Ordnungsdienste, aber auch den Anstieg sozialer Leistungen. Es betrifft aber auch das Engagement der Kommunen zur Aufrechterhaltung von kulturellen und sozialen Einrichtungen und öffentlichen Betrieben, die stark von der Corona-Pandemie und den ergriffenen Maßnahmen gegen sie betroffen sind. Dazu zählen u.a. die Verkehrsbetriebe, die Messe- und Veranstaltungszentren, öffentliche Bäder sowie Theater und Konzerte.

2. Keine Sparhaushalte!
Um dem mit der Corona-Pandemie verbundenen Einbruch in der Konjunktur zu begegnen, müssen die öffentlichen Investitionen möglichst hoch gehalten werden. Mehr als 60 Prozent der gesamten öffentlichen Investitionen werden in der Regel durch die Kommunen getätigt. Um dieses Niveau beizubehalten, benötigen die Kommunen den erforderlichen fiskalischen Handlungsspielraum für Investitionen. Es gilt, Sparhaushalte zu verhindern! Wenn die Kommunen nicht umfänglich unterstützt werden, werden viele Städte und Gemeinden direkt in eine Haushaltsnotlage geraten, die ihnen unter den
bisher geltenden Bedingungen keine andere Möglichkeit lässt, als geplante Investitionen zu verschieben und andere Konsolidierungsmaßnahmen, wie Personaleinsparungen oder Privatisierungen zu ergreifen. Das gilt es, zu verhindern!
Durch die im Jahr 2020 erhaltene Unterstützung der Kommunen durch die jeweils hälftige Übernahme der Gewerbesteuermindereinnahmen durch den Bund und die Länder, die erhöhte Beteiligung des Bundes bis zu 75 Prozent an den Kosten der Unterkunft in der Grundsicherung für Arbeitssuchende und die vielfältigen Maßnahmen der Länder konnte die Finanzausstattung der Kommunen immerhin so gesichert werden, dass ihre Investitionstätigkeit bislang aufrecht erhalten bleiben konnte. Damit dieses auch so bleibt ist eine entsprechende Unterstützung in den beiden Folgejahren ebenso erforderlich.

3. Unterstützung durch Länder und Bund auch in 2021 Grundsätzlich sind die Länder aus verfassungsrechtlicher Sicht für eine angemessene Finanzausstattung der Kommunen zuständig. Deshalb muss es auch Aufgabe der Länder sein, in den beiden kommenden Jahren dafür Sorge zu
tragen, dass der kommunale Finanzausgleich und die finanzielle Grundausstattung der Kommunen über die Schlüsselzuweisungen trotz deutlich geringerer Steuereinnahmen der Länder nicht einbricht. Darüber hinaus erwarten wir auch für 2021, dass der Bund und die Länder die
Steuermindereinnahmen der kommunalen Ebene kompensieren. Einige Bundesländer, wie Rheinland-Pfalz, Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern haben hierzu bereits erste Schritte unternommen. 

4. Investitionen verstetigen
Unabhängig von der finanziellen Grundausstattung sollten Bund und Länder die wichtigen Programme, die kommunale Investitionen und Investitionen in die Daseinsvorsorge fördern, auf hohem Niveau weiterführen. Dazu zählen der z.B. soziale Wohnungsbau und die Städtebauförderung. Die Bundes-SGK begrüßt in diesem Zusammenhang aktuell die Bereitstellung weiterer Mittel im Bundeshaushalt für ein zusätzliches Sonderprogramm zur Rettung der Innenstädte. Für den Öffentlichen Personennahverkehr ist es, wie in 2020, notwendig, die Einbußen im Bereich der fehlenden Fahrgastentgelte zu kompensieren. Eine weitere Aufrechterhaltung der Erhöhung der Regionalisierungsmittel ist dazu erforderlich. Investitionen in die Zukunft sollten weiterhin großzügig unterstützt werden. Dazu zählt die Digitalisierung genauso wie der kommunale Klimaschutz und Maßnahmen zur Klimaanpassung, der weitere Ausbau der Kinderbetreuung und die Modernisierung der Schulen. Schließlich müssen auch die notwendigen Investitionen im Bereich der Pflege und des Gesundheitswesens gesehen werden. Hier muss, wie uns nicht zuletzt die aktuelle Krise vor Augen geführt hat, für eine nachhaltig verbesserte Finanzausstattung gesorgt werden.

5. Mittelfristige Notwendigkeit eines Altschuldenschnitts
Bereits vor der Corona-Pandemie und der damit verbundenen ökonomischen Krise waren die vorhandenen Unterschiede in der Finanzausstattung der einzelnen Kommunen untereinander als strukturell problematisch und unerwünscht festgestellt worden: „Für die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse sind auch die finanziellen Möglichkeiten der Kommunen, für ihre Bürgerinnen und Bürger Infrastrukturen, Daseinsvorsorge und freiwillige Leistungen gewährleisten zu können, von zentraler Bedeutung. Grundsätzlich sind die Länder für eine aufgabenadäquate Finanzausstattung der Kommunen verantwortlich. Es ist daher gut, dass sie ab 2020 aufgrund der Neuordnung der bundesstaatlichen Finanzbeziehungen 2017 zusätzliche Einnahmen von fast 10 Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung haben werden, die auch für eine Stärkung der Kommunen eingesetzt werden können.
Gleichwohl werden Disparitäten zwischen den Kommunen bei Einnahmen und Ausgaben bleiben, die die Kommunen nur zum Teil selbst beeinflussen können – so weisen ländliche Gemeinden sowie strukturschwache Städte im Mittel eine unterdurchschnittliche Steuerkraft auf. Auf der Ausgabenseite haben insbesondere die stark unterschiedlichen Belastungen durch Sozialausgaben, die die Kommunen nur zum Teil beeinflussen können, starken Einfluss auf die Finanzlage. Diese Disparitäten manifestieren sich dort besonders deutlich, wo hohe kommunale Kassenkredite bestehen.“
Durch die Corona-Pandemie und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen haben sich die genannten Disparitäten weiter verschärft. Es wird nach Überwindung der Krise notwendig sein, eine Lösung für die dann bestehende Schuldensituation auf der kommunalen Ebene zu finden.

Beschluss des Vorstandes der Bundes-SGK vom 11. Dezember 2020