Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen

Bund und Länder einigen sich
17.10.2016

Am Freitag, dem 14. Oktober 2016 haben sich die Regierungschefinnen und –chefs der Länder mit der Bundesregierung über die Neuordnung der Bund-Länder Finanzbeziehungen nach Auslaufen des Solidarpaktes 2019 geeinigt. Neben der Einigung, wie künftig ein Ausgleichssystem zwischen Bund und Ländern dazu beiträgt, die finanzschwächeren Länder zu stärken, wurden weitere wichtige Maßnahmen zur Verbesserung der Aufgabenerledigung im Bundesstaat besprochen und beschlossen.

Auf der Grundlage des bereits von den Ländern am 3. Dezember 2015 beschlossenen Konzeptes wurden Eckpunkte für die Neuordnung der Finanzbeziehungen beschlossen. Demnach wird der Länderfinanzausgleich in seiner bisherigen Form genauso wie der Umsatzsteuervorwegausgleich abgeschafft und durch ein modifiziertes System der Verteilung der Umsatzsteueranteile auf die Länder ersetzt. Der Länderanteil  an der Umsatzsteuer wird grundsätzlich nach Maßgabe der Einwohnerzahl verteilt, jedoch modifiziert durch Zu- und Abschläge entsprechend der Finanzkraft. Die Länder erhalten hierfür einen zusätzlichen Festbetrag in Höhe von 2,6 Milliarden Euro jährlich und einen Betrag von 1,42 Mrd. Euro der dynamisch angepasst wird. Dabei wird die kommunale Finanzkraft in den Ländern zu 75% miteinbezogen, die Einwohnerwertungen der Stadtstaaten und der dünnbesiedelten Länder bleiben erhalten, der Tarif zur Berechnung der Zu- und Abschlagsbeträge wird linear gestaltet und auf 63% festgesetzt. 

Auf der vertikalen Stufe enden Sonderbedarfsergänzungszuweisungen (SoBEZ) für die neuen Länder 2019. Die allgemeinen Bedarfszuweisungen und die besonderen SoBEZ für Kosten der politischen Führung, strukturelle Arbeitslosigkeit und  Hafenlasten bleiben erhalten und durch die Erhöhung des Ausgleichsgrades und Tarifes auf über 7 Milliarden Euro jährlich angehoben. Zusätzlich wird eine neue vertikale Ausgleichsstufe zum Ausgleich der Finanzkraftunterschiede auf Gemeindeebene mit einem Volumen von 1,5 Milliarden Euro  geschaffen. Dabei wird die geringere Finanzkraft der Gemeinden auf 80% des Durchschnitts der Finanzkraft aller Gemeinden angehoben. Von dieser neuen vertikalen Ausgleichsstufe profitieren insbesondere die neuen Länder. Inwieweit die Gemeinden in den jeweiligen Ländern hiervon profitieren, wird auch von der künftigen Gestaltung der jeweiligen Finanzausgleichsmechanismen im kommunalen Finanzausgleich der Länder abhängen. Die neue vertikale Ausgleichsstufe ist eingeführt worden, damit sichergestellt werden konnte, dass sich jedes einzelne Bundesland nach der Neuordnung besser stellt als vorher.

Darüber hinaus wird die nicht gleichmäßige Forschungsförderung des Bundes nach Art. 91b Grundgesetz durch eine neue Bundesergänzungszuweisung für Forschungsförderung ausgeglichen. Sie umfasst 35% der Differenz bis zu 95 % des Länderdurchschnitts.

Der Bund hat sich verpflichtet, dem Saarland und der Freien Hansestadt Bremen Sanierungshilfen in Höhe von 800 Mio. Euro jährlich zu gewähren. Inwieweit der Bund sich darauf einlässt, bestehende Kredite der Länder gemeinsam mit ihm zu prolongieren, konnte nicht abschließend geklärt werden, bleibt aber auf der Tagesordnung. Hier bleibt die kommunale Forderung bestehen, auch über eine Einbeziehung kommunaler Altschulden in solche Verfahren und eine Entlastung für besonders hoch verschuldete Kommunen zu verhandeln. Ebenfalls Gegenstand der Einigung ist die Fortsetzung des (GVFG)-Bundesprogramms in Höhe von rund 333 Millionen Euro jährlich. Das bedeutet zugleich, dass die übrigen Mittel, die für die Gemeindeverkehrs-finanzierung über das Entflechtungsgesetz an die Länder fließen, ab 2019 nicht mehr vom Bund zur Verfügung gestellt werden. Hierfür müssen die einzelnen Länder jetzt Anschlussregeln finden. Darauf muss seitens der Kommunen geachtet werden.

Mit der Umsetzung aller Elemente werden die Länder insgesamt auf der Basis der Zahlen der Steuerschätzung von Mai 2016 für 2019 um rund 9,5 Milliarden Euro gegenüber dem Status-Quo in 2020 besser gestellt. Kein Land steht nach der Neuordnung finanziell schlechter da als ohne die Neuordnung. Die neuen Regeln sollen unbefristet gelten, es sei denn dass mindestens drei Länder oder der Bund nach 2030 eine Neuordnung einfordern.

Diese Neuordnung entfaltet zunächst keine direkte Wirkung auf die Kommunen und ihre Finanzsituation. Indirekt werden die Kommunen allerdings fiskalisch in dem Maße von der Neugestaltung profitieren, wie ihre Länder dieses tun, denn sie profitieren mit ihrem Anteil in Höhe des Verbundsatzes im Rahmen des kommunalen Finanzausgleiches von den  Mehreinnahmen ihrer Länder, vorausgesetzt diese nehmen hier keine Veränderungen vor. Dieses gilt es in den kommunalen Finanzausgleichsgesetzen auf Länderebene ab 2020 zu berücksichtigen.

Neben der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen erfolgte eine Einigung auf weitere Maßnahmen für die Verbesserung der Aufgabenerledigung im Bundesstaat, die in ihrer weiteren Konkretisierung und Ausgestaltung noch näher bestimmt werden müssen.

Dabei handelt es sich um folgende Themen:

1. Die Absicht der Gründung einer Infrastrukturgesellschaft Verkehr auf Bundesebene mit Fokus auf Bundesautobahnen und Übernahme in die Bundesverwaltung.

2. Schaffung von Open-Data-Gesetzen in Bund und Ländern zur Erreichung möglichst bundesweit vergleichbarer Standards für den Zugang zu öffentlichen Datenpools.

3. Bessere Förderung von Investitionen! Dieses Thema ist für die Kommunen direkt von besonderer Bedeutung, denn es ist mit der Ankündigung verbunden, die bisher im Rahmen des Kommunalen Investitionsprogramms – insbesondere für finanzschwache Kommunen - bereitgestellten 3,5 Milliarden Euro (für die Jahre bis 2018)  um weitere 3,5 Milliarden Euro aufzustocken. Damit verbunden ist das Ziel, diese Mittel vor allem für die Sanierung und die Verbesserung der Schulen nutzen zu können, und deshalb eine Grundgesetzänderung zur Aufhebung des Kooperationsverbotes zumindest für den Bereich der Bildung durchzuführen.

4. Der Bund erhält Kontrollrechte bei der Mitfinanzierung von Länderaufgaben

5. Die Rechte des Bundes in der Steuerverwaltung sollen gestärkt werden.

6. Beim Unterhaltsvorschuss soll ab dem 1. Januar 2017 die Altersgrenze von 12 auf 18 Jahre angehoben und die bisherige Bezugsdauergrenze von sechs Jahren aufgehoben werden. Wie die dadurch entstehenden finanziellen Belastungen der Länder und je nach Regelung der Kostenbeteiligung der Kommunen in den Ländern damit der Kommunen kompensiert werden sollen, ist ungeklärt geblieben und wird somit Gegenstand des kommenden Gesetzgebungsverfahrens werden.