Olaf Scholz: „Dieser Schutzschild soll Städte und Gemeinden nicht nur durch die aktuell schwierige Situation bringen, sondern dauerhaft in die Lage versetzen, ihre Aufgaben noch besser erledigen zu können.“
Die Ergebnisse der jüngsten Steuerschätzungen spiegeln die Konsequenzen der Corona-Krise für die öffentlichen Finanzen wieder. Städte und Gemeinden, deren Finanzausstattung ohnehin angespannt ist, müssen mit erheblichen Mindereinnahmen rechnen, insbesondere bei der Gewerbesteuer, die eine wichtige Einnahmequelle der Kommunen ist. Mit Blick auf das kommende Jahr stehen viele Städte und Gemeinden nun vor der bangen Frage, wie sie auf diese Einbußen reagieren sollen. Viele Kommunen stellen in den nächsten Wochen ihre Haushalte auf und brauchen für ihre Investitionen Planungssicherheit. Zum jetzigen Zeitpunkt größere Sparprogramme aufzulegen oder wichtige Angebote zu kürzen, wäre gesellschaftlich unerwünscht, ökonomisch unsinnig und kontraproduktiv, weil sie eine Wiederbelebung der Konjunktur abwürgen könnten. Deshalb schlägt Bundesfinanzminister Olaf Scholz einen Schutzschild von Bund und Ländern vor, um die Kommunen zu stützen.
Der Schutzschild besteht aus zwei Komponenten: Erstens der akuten Nothilfe, die durch den Wegfall wichtiger Einnahmen bei der Gewerbesteuer für die Kommunen entstanden ist, und allen Städten und Gemeinden offensteht. Zweitens, einer Altschuldenhilfe, also einer langfristigen Übernahme von Kassenkrediten hochverschuldeter Städte und Gemeinden, damit diese Kommunen künftig wieder handlungsfähiger sein können.
Die Kosten für diesen Schutzschild von insgesamt fast 57 Milliarden Euro wird der Bund zur Hälfte übernehmen. Die andere Hälfte entfällt auf die jeweils verantwortlichen Länder, in denen die Kommunen liegen. Diese einmalige Hilfe des Bundes für die betroffenen Städte und Gemeinden soll noch in diesem Jahr wirksam werden; die dafür nötige Verfassungsänderung (Art. 109 Abs. 1 GG) sollte deshalb bis Ende dieses Jahres von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden.
I. Kommunaler Corona-Solidarpakt
Nach der jüngsten Steuerschätzung müssen die Kommunen in diesem Jahr pandemiebedingt ein Minus bei den Gewerbesteuern in Höhe von 11,8 Mrd. Euro verkraften. Die Bundesregierung will die Städte und Gemeinden mit diesem Problem aber nicht alleine lassen. Alle betroffenen Kommunen bekommen deshalb die Möglichkeit, einen pauschalierten Ausgleich für ihre geringeren Gewerbesteuer-Einnahmen zu erhalten. Der Bund und das jeweilige Land übernehmen jeweils hälftig die Kosten für diesen Ausgleich. Damit erhalten die Städte und Gemeinden die nötige finanzielle Sicherheit, dass sie in diesen Krisenzeiten weiterhin ihre Angebote aufrecht und ihre Investitionsleistungen hochhalten können, weil Bund und Land ihre Mindereinnahmen in 2020 auffangen. Kommunen in allen 16 Bundesländen könnten von diesen Maßnahmen profitieren, solange die jeweilige Landesregierung, die für die Finanzausstattung der Kommunen alleine zuständig ist, die Hälfte der Kosten übernimmt.
II. Kommunale Altschuldenhilfe
Der Grad der Verschuldung in vielen Städten und Gemeinden hat ein bedrohliches Ausmaß angenommen, wofür vielfach strukturelle Ursachen in den Kommunen der Grund sind. Etwa 2000 Kommunen im gesamten Bundesgebiet verfügen über ein solch hohes Maß an so genannten Kassenkrediten (insgesamt ca. 45 Mrd. Euro in 2018), dass allein die Bedienung der Zinsen die Kommunen vor eine kaum lösbare Situation stellt. Wichtige Ausgaben für Investitionen und Modernisierungen sowie für Service-Angebote müssen deshalb in diesen Orten unterbleiben. In Krisenzeiten wie der aktuellen Corona-Pandemie verstärkt sich dieser Effekt in den Kommunen noch, die mit immer weniger Geld auskommen müssen.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz schlägt eine kommunale Altschuldenhilfe vor, um diese stark belasteten Städte und Gemeinden einmalig zu entlasten. Der Bund würde die Hälfte der Verbindlichkeiten übernehmen, das jeweilige Land, in der sich die Kommune befindet, die andere Hälfte.
Alle Länder, in denen sich betroffene Kommunen befinden, haben die Möglichkeit zur Teilnahme („opt-in“) an der Altschuldenhilfe. Als übermäßig gelten Liquiditätskredite einer Kommune dann, wenn sie nicht für Investitionen oder Kommunalvermögen aufgenommen worden sind, sondern für eigene Zwecke und einen Sockelbetrag von 100 Euro pro Einwohner überschreiten. Das sind Liquiditätskredite in Höhe von 22,6 Mrd. Euro, die der Bund übernehmen wird. Bereits angelaufene kommunale Entschuldungsprogramme in Niedersachsen, Hessen, Saarland und Brandenburg werden ebenso wie die Stadtstaaten bei der Altschuldenhilfe berücksichtigt.
In einem zweistufigen Verfahren werden die Schulden übernommen. In einem ersten Schritt übernimmt das jeweilige Land die besagten Kredite einer Kommune zu einem konkreten Stichtag komplett. Anschließend übernimmt der Bund die Hälfte dieser Schulden vom Land. Damit wird hochverschuldeten Kommunen ein Neustart ermöglicht. Die Länder sollen sich dazu verpflichten, künftig dafür zu sorgen, dass nicht erneut übermäßige kommunale Liquiditätskredite aufgebaut werden. Für die einmalige Übernahme der Landesschulden durch den Bund bedarf es einer Verfassungsänderung. Die Schuldenbremse wäre von dieser Übernahme nicht tangiert, weil es sich letztlich um eine Umbuchung von Schulden handelt und nicht um die Aufnahme neuer Verbindlichkeiten.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz: „Der kommunale Schutzschild ist eine echte Hilfe für unsere Städte und Gemeinden, die besonders unter ihrer finanziellen Situation zu leiden haben. Mit einem Akt der Solidarität übernimmt der Bund einmalig die Schulden der Kommunen und verschafft ihnen den dringend nötigen Raum zum Atmen. Insbesondere in diesen Krisenzeiten ist es wichtig, dass unsere Städte und Gemeinden handlungsfähig sind und ihre Ausgaben und Leistungen nicht verringern müssen.“
Dieser Vorschlag von Olaf Scholz greift die Forderungen der Bundes-SGK nach einem „Rettungsschirm für die Kommunen“ auf und bietet die Chance diese notwendige Hilfe für die Kommunen noch in diesem Jahr in einem entsprechenden Gesetzgebungsprozess zu realisieren. Ein sehr wichtiges Signal an die Kommunalpolitik! Das Positionspapier "Rettungsschirm für die Kommunen" der Bundes-SGK, das Eckpunktepapier "Solidarpakt 2020" und der Informationsbrief der Bundes-SGK EXTRA steht hier zum Download zur Verfügung.