Das Bundeskabinett hat in seiner Sitzung am 24. April 2024 den Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit (NAP W) verabschiedet. Die Bundesregierung verfolgt damit das Ziel, die Obdach- und Wohnungslosigkeit in Deutschland bis zum Jahr 2030 zu überwinden.
Obdachlosigkeit zählt zu den großen gesellschaftlichen Problemen mit wachsender Bedeutung in vielen Ländern der Europäischen Union. Laut EU Kommission schlafen rund 700.000 Menschen in der EU jede Nacht auf der Straße. Das sind 70 Prozent mehr als noch vor 10 Jahren. Im Wohnungslosenbericht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales werden auf Grundlage einer repräsentativen Studie erstmals Daten dazu vorgelegt, wie viele Menschen in Deutschland ohne Unterkunft auf der Straße oder in behelfsmäßigen Provisorien übernachten (wohnungslose Menschen ohne Unterkunft) und wie viele Menschen in verdeckter Wohnungslosigkeit z.B. bei Bekannten oder Angehörigen unterkommen. Im Ergebnis wird die Zahl der so wohnungslosen Menschen im Untersuchungszeitraum vom 1. bis 7. Februar 2022 auf rund 86.700 Personen geschätzt. Die Summe setzt sich zusammen aus rund 37.400 wohnungslosen Personen ohne Unterkunft und 49.300 verdeckt wohnungslosen Personen. In dieser Zahl nicht enthalten sind rund 6.600 Kinder und minderjährige Jugendliche, die gemeinsam mit Eltern(-teilen) auf der Straße (rund 1.100) oder in verdeckter Wohnungslosigkeit (rund 5.500) leben.
Der 30 Seiten umfassende NAP W bildet als bundesweiter Handlungsleitfaden die gemeinschaftlichen Anstrengungen aller Ebenen zur Überwindung der Wohnungslosigkeit in Deutschland bis 2030 ab. Er identifiziert Rahmenbedingungen und Herausforderungen und setzt mit seinen inhaltlichen Leitlinien und den Leitlinien zum Verfahren einen akzeptierten und abgestimmten Handlungsrahmen für alle beteiligten Akteure.
Der Nationale Aktionsplan enthält verschiedene laufende und geplante sozial- und wohnungspolitische Impulsmaßnahmen der beteiligten Bundesressorts und weitere Maßnahmen der Bundesländer sowie ein gemeinsames Verfahren der weiteren Zusammenarbeit und Evaluation, um die Überwindung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit sowie eine bessere Prävention sicherzustellen.
Zentrale geplante Maßnahmen des federführenden Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) unter Ministerin Klara Geywitz sind:
- Erarbeitung von Empfehlungen zu Standards der Unterbringung in Notunterkünften;
- Förderung und Vertiefung der internationalen Zusammenarbeit;
- Etablierung von akteursübergreifenden Facharbeitsgruppen zu den Themen Wohnraum, Prävention sowie Hilfen, Hilfesystem und Notversorgung;
- Aufbau einer Nationalen Wissensplattform zum Thema Überwindung von Wohnungslosigkeit;
- Aufbau eines Ressortforschungsprogramms zum Thema Wohnungslosigkeit;
- Realisierung eines Dashboards zur Darstellung des Nationalen Aktionsplans im Internet.
Auf Bundesebene wird beim Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) eine Kompetenzstelle zur Verhinderung von Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit eingerichtet. Damit wird das Ziel verbunden, mittelfristig eine bundeseigene Institution gegen Wohnungslosigkeit zu etablieren, die neben der fachlichen Beratung und Begleitung der Bundesressorts ein Ort sein soll, an dem Informationen und Wissen aufgebaut und geteilt, Investitionen in bezahlbares Wohnen für wohnungslose Menschen modelhaft gefördert sowie deren Beratung durch eine vernetzte Zusammenarbeit der örtlichen Institutionen unterstützt werden.
Zu Beginn des Umsetzungsprozesses sollen drei Facharbeitsgruppen eingerichtet werden: "Prävention von Wohnungs- und Obdachlosigkeit", "Wohnraumversorgung", und "Hilfen, Hilfesysteme und Notversorgung". Zudem soll einmal im Jahr ein Jahreskongress zum Nationalen Aktionsplan stattfinden.